1. Bd. 2
- S. 146
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
ten, konnte auf die vermischte Schaar von Miethlingen in Hannibal's
Heere von keiner Wirkung seyn. An Truppcnzahl und Waffen, an Ta-
lent und Math waren sich die Heerführer gewachsen. Scipio hatte
für sich die Begeisterung seiner Truppen und den nngeschwachten Glau-
den an sein gutes Glück. Hannibal, welcher die Schlacht als großer
Feldherr geordnet, verlor dieselbe und mit ihr die Hoffnung. Er selbst
entkam mit Noth, und rieth Karthago zum Frieden auf jede Bedin-
gung. An diesem Tage wurde die Herrschaft Roms begründet. Es
war geschehen um die Freiheit der Welt.
tz. 29. Friede. Seine Folgen für Karthago.
Die Bedingungen des Friedens, wie Scipio sie vor-
schrieb, und Karthago nothgedrungen, Rom aber nicht ohne Wider-
spruch annahm, verurtheilten jenes zu fast unvermeidlichein Verder-
den. Zwar blieb den Karthagern ihre Stadt und Verfassung und ihr
altes Gebiet in Afrika. Aber, was sie auswärts besaßen, insbeson-
dere Hispanien, fiel an Rom. Dazu mußte Karthago — nebst meh-
reren minder wichtigen Punkten — seine Kriegsschiffe bis auf 10 (*),
seine Elcphanten alle, mit dem Versprechen, keine mehr zum Kriege
abznrichten, ansliefern; es sollte in 50 Jahren Io,0o0 Talente be-
zahlen, dem König Masinissa zurückgeben, was für Land cs ihm
oder seinen Vorfahren entrissen, keinen Krieg mehr ohne Bewilligung
der Römer führen, dagegen diesen auf Verlangen Hilfe leisten, und
1o0 Geiseln zur Bürgschaft der Treue stellen.
Nicht die ungeheuere Geldbuße, als welche — bei schnell wie-
der erblühendem Handel — Karthago schon im zehnten Jahre ganz zu
bezahlen sich anbot; nicht der Verlust Hispanicns, so empfindlich der-
selbe für die Finanzen, wie fitr die Heere Karthago's seyn mußte,
selbst nicht die Aufopferung der Seemacht — als welche damals
viel weniger Gewicht, als heute gab — war es, was Karthago ver-
darb. Das Versprechen, ohne Roms Erlanbniß keinen Krieg zu füh-
ren, welches eine völlige Dahingebung in der Feindin Gnade war,
und die schwankende Klausel zu Gunsten Masinissa's, bewirkten
seinen Ruin. Dieser geschickte, ländersüchtige und gewissenlose Prinz
mochte nun ungestraft die Karthager necken, unter schlechten Vor-
wänden ihnen eine Provinz nach der anderen entreissen (wie er wirk-
lich mit der reichen Provinz Emporra, mit Tyska u. a. that)
(*) Fünf hundert Schiffe wurden ausgeliefert und durch Scipio verbrannt.
Zwar war der zweite punische Krieg ein Landkrieg und das Barkinische
Haus nur durch diesen groß. Gleichwohl ist unerklärbar, warum Karthago
von seiner Seemacht ga(keinen Gebrauch — nicht einmal zur Verthei-
digung Afrika's — gemacht.