1. Bd. 2
- S. 156
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
15g
Viertes Kap. Römische Geschichte.
und Ländern um Anhänger und Freunde, suchte Jllyricn, Thracicn,
Bithynicn und Syrien und das ferne Karthago in seine Allianz zu
ziehen, und sammelte rastlos Schäze, Waffen und Soldaten. Aber
gleich unermüdet und mit besserem Glücke arbeitete die römische
Politik ihm entgegen. Man ermunterte die Bundesgenossen — die
Achäer, Rhodier, Pergamnm u. s. w. — zur Treue, hielt die Ver-
dächtigen durch Besaznngen, Drohungen oder nähere Feinde im Zaume,
schwächte sie — wie die Aetolier, Akarnanier, Böotier u. a. — durch
Auflösung ihrer Bündnisse und Unterhaltung der Faktionenwnth, ließ
es geschehen, daß An ti o ch ns Epip h an es seine Waffen nach Aegyp-
ten trug, und gewann endlich, als der Ausbruch noch zu frühe für
das römische Interesse erfolgte, durch einen trügerischen, von Perseus
erwirkten Stillstand Zeit zur völligen Rüstung. Auch nach Erneuerung
des Krieges hatte Perseus durch zwei Jahre die Oberhand. Die Völ-
ker von Epirns, von Thessalien, von Thracien, nebst vielen fremden
Söldlingen (auch 30,000 Gallier zogen heran) stritten für ihn; Gen-
tins von Jllyrien (gegen den er jedoch zu karg mit Subsidien war)
half ihm mit aller Macht, und die wohlgerüstete Phalanx schien furcht-
barer, als je. Nach mehreren Siegen der Macedonier bezeugten die
Rhodier, bezeugte selbst Eumenes den Wunsch des Friedens, und
Perseus mit etwas mehr Nachdruck und Klugheit, hätte wohl Beide
auf seine Seite bringen mögen. Die Römer hatten zu eben der Zeit
gegen die aufrührischen Einwohner Istriens, Liguriens, Korsika's,
Sardiniens und in Spanien zu kämpfen. Endlich erschien Paulus
Aemilins mit verstärkter Macht. Nnmidische, italische, griechische
und kleinasiatische Völker waren in seinem Heere; gleichwohl schien
dem römischen Feldherrn jedes Hilfsmittel der Vorsicht und Anstren-
gung und die Erweckung religiöser und patriotischer Begeisterung
nöthig, um den Sieg zu sichern. Er selbst gestand nachmals, daß
der Anblick der Phalanx, als sie, in der entscheidenden Stunde bei
Pydna, in gedrängter Ordnung sich auf die Legionen stürzte, ihn
furchtbar erschüttert habe (3816. 167 v. Ehr.). Aber es war der
leztc Tag ihres Ruhmes. Schon war das erste Treffen der Römer
gebrochen, als Aemilius bemerkte, daß die Phalanx wegen Ungleich-
heit des Bodens die Geschlossenheit ihrer Glieder verliere. Im näm-
lichen Augenblicke ließ er seine Schaaren in die Zwischenräume bre-
chen, und von allen Seiten zugleich auf die zerrissene Schlachtord-
nung stürmen. Es war um sie geschehen. Nach heldenmüthiger Ver-
theidigung fiel der Kern des macedonischen Heeres auf dem Wahl-
plaze; der Uebcrrest kam auf der Flucht um, oder wurde gefangen.
Es mag seyn, daß 25,000 Macedonier gefallen; aber lächerliche