1. Bd. 2
- S. 173
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
den Enkeln Masinissa's Streit entstand (3865. 118 v. Ehr.), und
Jngurtha, einer derselben, von seinen Vettern den einen todtete,
den anderen vertrieb, Rom unbedenklich als Richterin ans. Auch
Jngurtha, ein talentvoller, im Umgänge liebenswürdiger, jedoch
lasterhafter Prinz, erkannte cs dafür; aber er bestach den Senat
und desten Kommistaricn, und todtete nun auch den Rivalen, der
nach Rom geflohen. Zwar wurde ihm nun, auf des Tribuns C.
Memmins Betreiben, der Krieg angekündet; aber auf eine unglaub-
liche Weise, und welche den sprechendsten Beweis von Roms tiefem
Verderbnisse gibt, behauptete sich Jngurtha noch eine Reihe von Jah-
ren gegen Volksbeschlüste und Kriegsheere durch Bestechung der Häup-
ter (worunter mehrere Eonsutn aus den edelsten Häusern und ein
großer Theil des Senats), ja er war frech genug, selbst nach Rom
zu gehen, und dort noch einen dritten Verwandten zu morden. End-
lich (3874. 109 v. Ehr.) wurde Q. Metellus, der Sieger Ma-
cedoniens, gegen ihn gesandt, ein unbestechlicher Mann und großer
Feldherr. Jngurtha, wiewohl auch im Kriege geschickt, konnte die-
sem Gegner nicht stehen, und floh, nach verschiedenen Niederlagen,
zum manritauischen König Bocchus, dessen Eidam er war.
Aber der Ruhm der Beendigung des Krieges wurde Metellus
durch E. Marius entrissen, einen der merkwürdigsten Männer in
Roms Geschichte. Er war zu Arpinum von niedrigem Stande gebo-
ren. Ohne Vermögen, ohne Erziehung, ohne Wissenschaft, blos durch
soldatisches Verdienst und eine rauhe Größe des Charakters hervor-
ragend, hatte er schon als Jüngling im Lager vor Numantia die
Aufmerksamkeit Serpio's erregt. Durch tapfere Thateu machte er
seinen Namen im Heere berühmt und in der Stadt durch populäre
Grundsäze. Als Tribun rechtfertigte er durch seinen Eifer das Ver-
trauen des Volkes, und sein Gönner Metellus, der ihn als Legat
nach Numidien nahm, erkannte die Wichtigkeit seiner Dienste. Aber
Marius war für keine untergeordnete Rolle geboren. Sein Ehrgeiz
machte ihn undankbar gegen Metellus. Durch Verunglimpfung bci'm
Volke verdrängte er diesen vom Kommando, welches er dann selbst
als neügewählter Cónsul übernahm (3877. 106 v. Chr.).
Durch große Schlachten und die Eroberung der stärksten Festen
brach Marius die Macht des vereinten Numidiens und Mauri-
taniens. Bocchus, um das Verderben von sich selbst abzuwenden,
lieferte den Eidam an die Römer aus. Sulla, des Marius Quä-
stor, bewirkte solches durch geschickte Unterhandlung, und dieser, der,
was ein Anderer an Ruhm erwürbe, sich selbst entzogen glaubte,
warf von da an seinen Haß auf Sulla. Zum Lohne des Verratheö