1. Bd. 2
- S. 192
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
terte sie auf, Delos und Cilicien gaben ihnen Zufluchtsstätten; Haß
gegen Rom und Noth — die Folgen der unsäglichen Bedrückung —
vermehrten ihre Zahl. Ihre Kühnheit stieg mit dem Erfolge. Keine
Zufuhr von Maaren und Lebensmitteln, keine Reise zur See war bald
mehr möglich; sie hatten mehr, als tausend Schiffe; alle Winkel des
Meeres waren von ihnen erfüllt. Als aber aus diesem die Beute
mangelte; so wurden die Küsten und alle Landstraßen, Villen, Ort-
schaften in der Nähe derselben geplündert. Mehr, als 400 Städte
traf die Verwüstung, und Rom wurde von Hunger bedroht. Zwar
Servilins Vatia hatte glücklichen Krieg gegen diese Räuber zu Lande
geführt, einige ihrer Städte zerstört, Cilicien, Pamphylien, Lycaonien,
Jsanrien bezwungen (daher Jsauricns), aber durch dies Alles nur
kurze Abhilfe verschafft. Die Korsaren kamen bald fürchterlicher wieder.
Der ungerechte Angriff der Römer auf Creta (zuerst unter M. An-
tonius, des Triumvirs Vater, darauf unter Cäcilius Metellus,
Creticus) zwang die unglücklichen Cretenser zum Bunde mit den
Räubern, deren Republik (sie bildeten eine solche, mit weit zerstreuten
Gliedern, doch blieb derhauptsiz Cilicien) fezt unüberwindlich schien.
Da schlug Gabinius, der Tribun, eine Verordnung vor, wor-
nach Pom pejus auf drei Jahre den unumschränkten Befehl über alle
Meere und alle Küsten 400 Stadien (12% deutsche Meilen) in's Land
hinein führen, Schiffe, Geld, Legionen, so viel er brauche, nehmen,
und 24 Unterfeldherren haben sollte. Hortensias, Catulus, fast
alle Häupter des Senates, vorzüglich Lncullus Freunde, erhoben
sich gegen dieses Gcsez; aber die Volksgnust siegte, und so groß war
das Zutrauen auf Pompejus, daß am Tage seiner Ernennung zum
Feldherrn die Kornpreise dermaßen sieten, als wäre der Ueberfluß schon
hergestellt. Auch entsprach er der Erwartung. In vierzig Tagen reinigte
er das Meer und in vier Monaten war der ganze Krieg geendet (3917.
66 v. Chr.), durch Zerstörung der Raubnestcr und Anlegung von
Landstädten, worin die gebändigten Korsaren das friedliche Leben der
Bürger und Bauern lernten. Zu gleicher Zeit wurde'creta, durch
Metellus, eine römische Provinz.
Noch dauerte die Gewalt des Pompejus fort: da that der Tribun
Manilins den wichtigen und folgenreichen Vorschlag zur Verlänge-
rung und Ausdehnung derselben über Asien, zur Führung des mi-
thridatischen Krieges. Cicero, vielleicht aus redlicher Meinung,
vielleicht um durch Pompejus Dank leichter das Cousutat zu erhal-
ten, sprach für dieses Gesez. Auch Cäsar nnterstüzte es, weil er ein-
sah, das Beispiel so großer Gewalt würde ihm selbst die Erlan-
gung noch größerer erleichtern. Und so ging cs durch, wie sehr auch