1. Bd. 2
- S. 231
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
Staatsverfassung und Regiesung. 23l
ftund in genauer Verbindung mit dem formenreichen Hofceremoniel,
ja mit dem gesummten System der Reichs- und> Provinzenverwaltung.
Die heilsamsten Pflichten, zumal für Regenten und Obrigkeiten, wur-
den durch dieselbe eingeschärft; und stand den Magiern keine bewaff-
nete Macht und keine eigentlich politische Autorität zu Gebot, um jenen
Vorschriften die Befolgung zu sichern; so hatten sie doch — als welche
den Thron zunächst umgaben — auf das Ohr und auf das Herz des
Monarchen durch Rede, That und heilige Gebräuche einen vielfälti-
gen Einfluß. Derselbe, der alles Irdische zu seinen Füßen sah, mochte
durch religiöse Schrecken von allzufrechem Mißbrauche der Gewalt ab-
gehalten werden: und waren es oft egoistische Zwecke, wozu die Ma-
gier ihr Ansehen brauchten; so gewöhnten sie doch den König, auch
außer sich noch etwas für ehrwürdig zu achten, und bewahrten die
Völker, die ihre Huldigung wenigstens thei len konnten, vor dem
äußersten Grade der Wegwerfung an Einen.
§.6. Griechische Verfassungen (*).
Von den griechischen Verfassungen hat uns schon der erste
Zeitraum das Wichtigere gelehrt (s. B. I. S. 218 f.), sowohl im All-
gemeinen als insbesondere von Athen und Sparta. Ihre späteren
Veränderungen aber und den wiederholten Wechsel derselben in den
Formen und in dem Geiste haben wir oben in der detaillirten Geschichte
beleuchtet. Zur Ergänzung bleiben uns noch einige Rückblicke, und
einige zerstreute Bemerkungen übrig.
Die Verbindung der Griechen unter sich zu einem allgemeinen
Staatensysteme war fester in diesem Zeiträume, so lange die He-
gemonie Sparta's, darauf Athcn's und dann wieder Spartä's währte.
Aber diese Hegemonie war auch die Quelle innerer Kriege, und, was
die Griechen dadurch an äußerem Ansehen gewannen, das verloren sie
an innerer Freiheit. Die übrigen politischen Bänder (s. B. L. S. 175.)
verloren allmälig an Kraft, besonders, als nach dem Aufhören der
Persergefahr der Gemeingeist erlosch. Der Bund der Amphiktyonen
vermochte nicht die Griechen zusammcnzuhatten, da sich zu seiner schlech-
ten Organisation noch die Ungleichheit der Machtverhältnisse der ein-
zelnen Verbündeten gesellte. Ohnedem war sein Wirkungskreis fast
ganz auf religiöse Angelegenheiten beschränkt. Das wichtigste, was er
(*) Vgl. Manso, über den Begriff und Umfang der griechischen Hege«
monie. Breslau 1804. Seusfert, über den volksthünilicben Geist im po-
litischen Leben der griechischen Freistaaten. Göttingen 1815. -Tittmann's
Darstellung der griech. Staatsverfaffungen. Leipz. 1822. Hüllman'ö Staats-
recht des Alterthums. Cölln 1820.