1. Bd. 2
- S. 241
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Staatsverfassung und Regierung.
Der Senat, welcher gewöhnlich 600 Glieder zählte, war über-
haupt das höchste Staatskolleginm. Alle wichtigeren Regier ungs-
g esch äfte trugen die Consuln dem Senate vor; ja selbst diejenigen,
welche zum'vortrage an's Volk geeignet waren, wurden zuerst im
Senate verhandelt; und wiewohl das Volk in späteren Zeiten das
Recht behauptete, auch ohne Mittheilung des Senats zu bcrathschla-
gen und zu entscheiden; so wurde doch die Bestätigung des Se-
nats für nöthig erachtet, um den Beschluß zum Geseze zu erheben.
Don dem noch später errungenen Entscheidungsrecht ohne den Se,
nat machte es selten Gebrauch. Insbesondere war die Leitung der
äußeren Angelegcnbcitcn dem Senate anvertraut (S. 127); und
in den größten Verbrechen, als Hochverrat, Verschwörung, auch
Mord und Giftmischerei, stand ihm die höchste Gerichtsbark eit zu.
Anfangs wurde der Senat nur aus patrizischen Geschlechtern er-
gänzt; später geschah cs meist aus den Rittern; und auch Ple-
bejer gelangten dazu, da jede höhere Magistratur — von der Q u ä-
stur angefangen — den Eintritt in den Senat, und zwar ans
lebenslang, gab. Doch wurde zum vollständigen Genüsse der
senatorischen Rechte die Eintragung in die Liste — daher patres con-
scripti—durch die Censoren erfordert. Wer auf derselben oben an
stand, hieß princeps senatus. In späteren Zeiten wurde die Zahl
der Senatoren sehr vermehrt, aber das Ansehen des Senates—was
oft der Zweck der Machthaber war — durch den Uuwcrth seiner Glie-
der verringert.
Die Ordnung der Ritter rührt, der Sage nach, gleichfalls von
Romutus Einsezung her, welcher 300 der tapfersten Jünglinge aus
den Tribus für den Dienst zu Pferd gewählt und zu seiner Leibwache
bestimmt habe. Wahrscheinlich bestand diese damals überhaupt aus
den reicheren patrizischen Jünglingen, und welche hiernach
zu Pferde zu dienen vermochten. Wir haben aber schon oben (S. 237)
bemerkt, welche Zweifel und Dunkelheiten über den Ursprung und
die wechselnden Verhältnisse der Ritterschaft chbwaltcn. Tarqui-
nins der Alte vermehrte ihre Zahl durch Aufnahme von gleichviel
plebejischen Rittern. Aber nicht die Abstammung von diesen ersten
Rittern (celcres), nicht der Kriegsdienst als Reiter, sondern der
census verlieh nachmals die ritterliche Würde, zu welcher ein
Vermögen von quadrinneniies Ii. 8. (gegen 17,000 Thaler) erfor-
derlich war. Nach dem bei den alten Republiken häufig geltenden
Grundsaz, daß das politische Recht nach der Bewaffnung
sich richte, waren diese Ritter schon ursprünglich ein politischer
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