1. Bd. 2
- S. 260
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand.
erscheint; so nehmen wir doch daran noch verschiedenes Schöne im
Einzelnen wahr. Eine große Sorgfalt für die Erziehung geht aus
den Schilderungen der Cyropädie sowohl, als aus anderen Nachrich-
ten (insbesondere auch aus den hieher gehörigen Vorschriften in den
persischen Religionsbüchern) hervor. Nur spricht Lenophon von
öffentlicher oder Staatscrzichung (welche wohl bei den edlen Pa-
sargadcn statt fand), diese von Privaterziehung. Man hielt
die Wahrheitsliebe für eine charakteristische Tugend der Perser.
Sie scheinen — bevor sie durch Sklaverei völlig herabgcwürdigt wa-
ren — ein lebhaftes Gefühl für Ehre und Schande gehabt zu haben.
2hrc Strafgeseze waren mild (wiewohl die Wuth des Despoten der-
selben wenig achtete). Nur gegen die Richter selbst waren sie streng.
Uebcrhaupt wurde das Recht mit Eifer gehandhabt und selbst die Bil-
ligkeit und Dankbarkeit durch positive Verordnungen eingeschärft.
tz. 20. Griechische. Dorer und Ionier.
Von den griechischen Gesezen haben wir die merkwürdigsten,
jene des Lykurgus und So ton, schon im ersten'zeiträume beleuch-
tet (B. I. S. 221. f. 241.); doch bleibt uns noch eine Nachlese übrig,
wobei wir gleichfalls unseren Blick fast ausschließend auf Athen und
Sparta (und zwar meistens auf jenes) richten werden, da von
anderen Staaten weniger interessante Nachrichten vorliegen, und jene
füglich als die Repräsentanten der ganzen jonischen und dorischen
Zunge (der zwei Hauptgeschlechter der Griechen [f. B. I. S. 155.
und 158]) (*) gelten mögen.
Durch eine merkwürdige und bleibende Verschiedenheit der Charak-
tere waren diese Hauptstämme von einander geschieden. An Sitten
und Einrichtungen mochte man sie, wie an der Sprache, erkennen.
In Allem, was Liebenswürdigkeit und Bildung heißt, waren die
Ionier vorzüglich und zu Allem geschickt; aber unstät, frivol, dem
Genüsse ergeben. Dagegen zeichneten die Dorer durch Würde, Ernst
und Einfachheit sich aus und durch Anhänglichkeit an alte Sitte. Die
'Ionier haßten Alles, was Beschränkung der Freiheit schien, hielten
mit wachsamer Eifersucht die Vorzüge des Standes und der Geburt
zurück, wollten keine anderen, als demokratische Verfassungen
und den häufigen Wechsel der Magistrate; die Dorer ehrten das At-
ter der Personen und Geschlechter, duldeten lebenslängliche Magistrate
und dauerhafte aristokratische Formen. Beide waren religiös, vatcr-
(*) Der äolische Stamm — wozu auch die Aehnlichkeit der Dialekte bei-
trug — verschmolz fast ganz mit dem dorischen. Von den Achäern wurde
ein Theil durch die Dorer unterjocht, nur im kleinen Achaja blieben sie frei.