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1. Bd. 2 - S. 296

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
260 Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft. §. 10. Beredsainkeit. Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na- turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs- weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni- dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor. Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be- sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge- richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf. In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum. Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch andere genannt werden. Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi- nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232) gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc- m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän- deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso- krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra- ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet, daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak- ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! — (*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.) ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.
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