1861 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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gegen sie gesinnt sei, wußte sie nicht. Um so angenehmer
wurde sie bei ihrer Landung überrascht, indem alle Stände
zusammenströmten, um ihrer jungen, schönen Herrscherin ihre
Ehrfurcht zu bezeigen. Fröhlichen Gemüthes zog sie daher
unter den Glückwünschen und dem Jubel ihrer Untherthanen
in die Hauptstadt ein. Es war für sie ein Tag der Freude
und des Glückes, der einzige vielleicht, den sie in Schottland
erleben sollte.
Gleich bei ihrer Thronbesteigung erhob sich in Schottland
ein düsterer Geist des Mißtrauens und des Argwohnes. Die
Neformirten fürchteten, unter der katholischen Königin möchte
auch bald wieder die katholische Religion ihr Haupt erheben.
Insbesondere bot jener Johann Knor alles auf, um die Ge-
sinnungen der Königin zu verdächtigen und sie selbst in den
Augen ihrer Unterthanen herabzusetzen. Jede unschuldige Freude,
jedes Hoffest rügte er von der Kanzel mit den grellsten Farben.
Selbst auf ihrem Zimmer machte er ihr oft so bittere Vor-
würfe, daß sie in Thränen ausbrach. Und doch mußte sie des
heftigen Mannes schonen, ihn sogar auf alle Art zu besänftigen
suchen, weil sie den Einfluß kannte, den er auf das Volk hatte.
Um nicht allein zu stehen, verinählte sie sich mit dem
Grafen Heinrich Darnley, den sie wegen seiner Jugend und
Schönheit lieb gewonnen hatte. Diese Vermählung war die
Vorläuferin vieler Schicksale. Maria erfuhr bald, daß das
Aeußere dieses Mannes sie verblendet habe; daß er im höchsten
Grade eigensinnig, leidenschaftlich und unversöhnlich sei, und
von der Zeit an behandelte sie ihn mit sichtbarer Kälte. Ihr
ganzes Zutrauen schenkte sie ihrem Geheimschreiber, dem Ita-
liener David Rizzio. Hierdurch wurde Darnley so erbittert,
daß er ihn vor den Augen der Königin ermordete. Diese ver-
messene That zog ihr Herz noch mehr von ihm ab. Sie nahm
jetzt den Grafen Vothwell zu ihrem Nathgeber, auch einen
nichtswürdigen, boshaften Menschen, der durch seine Vcrstel-
lungskünste die Gunst der jungen Fürstin sich erschlichen hatte.