1861 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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gemacht, und die arglistigen Kunstgriffe und Betrügereien ihrer
Feinde, und schloß, die Hand auf der Bibel, mit den Worten:
„Was den Tod der Königin, Eurer Gebieterin, aubetrifft, so
nehme ich Gott zum Zeugen, daß ich nie nach demselben
strebte und nie in denselben willigte."
Hinrichtung dcr Maria Stuart (1587). — Der achte Fe-
bruar 1587 war der Tag ihrer Hinrichtung. Die Nacht zu-
vor brachte sie größtentheils im Gebete zu. Um acht Uhr
Morgens trat ein Diener in ihr Gemach und zeigte ihr an,
daß die Stunde geschlagen habe. „Ich bin bereit!" war die
Antwort, und ihr Auge ftralte Frieden. Sie bat flehentlichst
um einen Priester, der sie auf des Lebens letztem Gang be-
gleite; allein auch diese Tröstung ward ihr versagt. Mit
einer Miene voll Ruhe und Majestät durchschritt sie die Halle,
die zu dem Saale führte, wo das Blutgerüst aufgeschlagen
war. Sie hatte ihre reichste Kleidurig angelegt, wie sie sich
für eine verwittwete Königin geziemte. Um den Hals trug
sie eine Kette, an der ein goldenes Kreuz befestigt war, am
Gürtel hing ein Rosenkranz. In ihrer Hand hielt sie ein
Crucifir von Elfenbein. Auf dem Wege fand sie ihren Haus-
hofmeister Melville, dem seit mehreren Wochen der Zutritt zu
ihr verboten war. Der alte treue Diener fiel in die Kniee
und weinte laut auf. Sie bot ihm liebreich die Hand. „Klage
nicht," sprach sie, „ehrlicher Mann, freue dich vielmehr; denn
du wirst das Ende sehen von Maria Stuart's Leiden. Die
Welt, mein lieber Melville, ist nur Eitelkeit, und ein Meer
von Thränen würde nicht hinreichen, ihre Trübsale zu bewei-
nen. Gott vergebe denen, die seit so langer Zeit nach mei-
nem Blute dursten, wie der Hirsch nach der Quelle." — Dann
brach sie in Thränen aus und sprach: „Lebe wohl, guter Mel-
ville, lebe wohl!"
Als sie die Blutbühne bestiegen hatte, trat der Dechant
von Peterborough zu ihr und ermahnte sie im Namen der
Königin Elisabeth, die katholische Religion abzuschwören.
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