1. Bd. 1
- S. 299
1824 -
Ilmenau
: Voigt
- Autor: Thieme, Moritz
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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und Bewunderung in die Nähe des großen Frankenkakscrs gezogen,
hatte, zu ihm, den damals ganz Europa pries und bewunderte?
Uebrigens waren ähnliche Einladungen an den alten ehrwürdigen
Großherzog von Baden, Carl Friedrich, an die Fürsten von Nassau-
Weilburg und Usingen und an den Erbprinzen von Hessen-Darm-
stadt ergangen, die sich theils Persönlich, theils durch abgeordnete
Gesandtschaften daselbst einfanden.
Mit welchen Empfindungen aber der Fürst Dalberg den gelieb-
ten, ihm so theuern, Boden betrat, wo er die heitern, unbefangnen
Lage seiner Kindheit und Jugend verlebt hatte, wo ihm die schön-
sten und freundlichsten Hoffnungblüthen ihre Kelche geöffnet hatten;
— wer möchte diese Gefühle wohl mit schwachen Worten wiedergeben
können? Auch hallte ihm schon von weitem der laute Jubel der Main-
zer Bürger entgegen, und Napoleon konnte hier — unter den Fen-
stern seiner kaiserl. Wohnung in einer, ihm selbst nun angehörigcn,
Stadt die Erfahrung machen, durch welche Mittel allein teutfche
Fürsten die Liebe und Treue ihrer teutschen Bürger zu erwerben
vermögen.
Napoleon empfing Dalberg und den übrigen fürstlichen Besuch
mit der Artigkeit, die ihm stz leicht zu Gebote stand, die seine inn're
Riesenkraft nur noch mehr veroffenbarte und die ihm gleichsam die
magische Gewalt eines Zauberers verlieh, der in seine Kreise fest
gebannt halt, was sich denselben ein Mal genaht hat. Im Uebri-
gen aber erreichte Dalberg den eigentlichen Zweck seiner Reise kei-
neswegs, denn der Sieger von Marengo und der Begründer eines
neuen Kaiserreichs kannte nur einen Wunsch: Frankreichs Größe
und Ruhm! Der furchtbare und siegreiche Nachbar wollte Nichts
von den billigen Gesuchen des teutschen Nachbarstaates hören; er
vermied daher jede ernstliche Berathung und Dalberg wurde nur zu