1862 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
42. Otto I., der Große.
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42. Otto I.) der Große.
(Nach Wilh. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, und Wilhelm
Doenniges, Jahrbücher des deutschen Reichs, zum Theil bearbeitet vom
Herausgeber.)
Als König Heinrich nicht mehr war, versammelten sich alsbald die
Franken und Sachsen zur Wahl des neuen Königs. Denn diese
bildeten damals gleichsam den Kern des Reiches, den die anderen deut-
schen Länder, Schwaben, Baiern und Lothringen, noch in loserem Zu-
sammenhänge umschlossen. Hatte auch Heinrich schon Otto, seinen älte-
sten Sohn von Mathilde, als seinen dereinstigen Nachfolger bezeichnet
und die Zustimmung der Fürsten zu dessen Wahl gewonnen, so schien
doch die Wahlhandlung selbst dadurch nicht beseitigt zu sein. Ohne
Widerspruch wurde Otto zum König erwählt. Aber diese Wahl, die
in gleicher Weise erfolgte, wie einst die König Heinrich's, schien schon
nicht mehr genug. Man bestimmte daher, zu Aachen, in der alten Kai-
serburg Karl's des Großen, sollten alsbald die Herzöge, Grafen und
die vornehmsten Reichsvasallen aus allen deutschen Ländern sich ver-
sammeln, um die getroffene Wahl allgemein anzuerkcnnen und dem neuen
Könige zu huldigen, der dann nach altem Brauch gesalbt und gekrönt
werden sollte.
Und so geschah es am 8. August des Jahres 936. In der Säu-
lenhalle, welche die Kaiserpfalz mit dem Münster verband — beide
hatte Karl der Große erbauen und Marmor und Säulen dazu aus
Rom und Ravenna herbeischaffcn lassen —, stand der Marmorstuhl
Karl's des Großen, der Erzthron des Reiches; hier versammelten sich
die Großen ans allen deutschen Landen, erhoben Otto auf den Thron
und gelobten ihm unter Handschlag Treue auf immerdar und Beistand
gegen alle seine Widersacher. So huldigten sie ihm nach alter Sitte
als Karl's des Großen Nachfolger und König der Franken. In
feierlichem Zuge, von den Hcrzögen, Grasen und Herren begleitet, be-
gab sich dann Otto znm Münster.
Der Erzbischof Hildebert von Mainz — der erst nach langem Hader
mit den Erzbischöfen von Köln und Trier das Recht der Krönung er-
stritten hatte — mit allen Erzbischöfen, Bischöfen und Priestern, die sich
eingestellt hatten, empfing den jungen König und führte ihn bis in die
lung Deutschlands tüchtiger und ehrenhafter als am Schlüsse seiner Regie-
rung. Heinrich ist nie auf die Eroberung fremden Gutes ansgegangen,
aber den heimatlichen Boden hat er mit einer Reihe glänzender Siege ge-
schirmt, und in einer fast ununterbrochenen Siegeslaufbahn die Fülle unbe-
fleckter Lorbeeren geärntet. Bei seinem Tode gab es kein Land Europa's,
wo der deutsche Name nicht geehrt, aber auch keines, wo er einem unter-
drückten Volke der Gegenstand berechtigten Hasses gewesen wäre. Das
Wachsthum Deutschlands war in sencn Jahren wie die Natur seines starken
Königs, an Leib und Seele gesund; vielleicht glänzendere, aber wahrlich
keine bessere Tage hat das Reich in den folgenden Zeiten gesehen."
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken, n. 12