1862 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
45. Heinrich Ii.
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fährlichste Nebenbuhler entfernt. Dann begab er sich nach dem Rhein-
lande und empfing auf einer großen Versammlung des lotharingischen
Volkes die Anerkennung und Huldigung auch dieser Theile des deutschen
Reiches. Nun trat auch Hermann von Alemannien zurück und unter-
warf sich dem neuen König, der somit in ganz Deutschland aner-
kannt war.
Die Stellung des neuen deutschen Königs war von Anfang an eine
mißliche. Nicht sein Erbrecht, sondern der gute Wille der Großen des
Reiches hatte ihn auf den Thron gehoben. Gewaltthätigkeit und Be-
gehrlichkeit, die sich mühsam zurückhielten, so lange Otto Iii. lebte und
in seiner Person die Ordnung einer besseren Zeit darstellte, brachen jetzt
ungescheut hervor. Ueberall erhob sich wildes Fchdengetümmel, in wel-
chem man am wenigsten der geistlichen Besitzungen schonte. Der neue
König hatte im Anfang genug zu thun, um sich nur zu behaupten.
Erst allmählich und nach seiner Art vorsichtig, aber entschlossen und
standhaft konnte er an die Wiederherstellung der zerrütteten Zustände
im Reiche, an die Niederwerfung der übermüthigen Friedensstörer und
an den Schutz der Bedrängten denken.
Er suchte mit Recht seine hauptsächlichste Stütze in den geistlichen
Würdenträgern. Was seine großen Vorgänger, die ersten Ottonen, nur
andeutungsweise gethan hatten, die Uebertragung weltlicher Gewalt,
ganzer Grafschaften oder der Grafenrechte, auch einzelner königlicher
Vorrechte ans die Bischöfe des Reiches, das führte er umfassend durch.
Er galt, wie schon bemerkt, für einen der frömmsten Herren im Sinne
dieser Zeit. Seine kirchliche Bildung, sein musterhaftes Privatleben,
sein demüthiges Bezeigen gegen die Diener der Kirche, seine grenzen-
lose Freigebigkeit gegen sie, erwarben ihm diesen Ruhm. Doch würde
man sich irren, wenn man nur solchen Gründen sein Verhalten gegen
die Kirche zuschreibcn wollte. Es war ein klar und richtig gedachter
politischer Gedanke, der ihn seine Stellung zu der Kirche gerade so
nehmen ließ, wie er sie nahm, denn unbeschadet seiner aufrichtigen Er-
gebenheit gegen sie, verlangte und erhielt er von ihr die Beweise des
unbegrenztesten Gehorsams und einer großen Opferwilligkeit. Sic un-
terstützte ihn nicht allein mit ihrem unermeßlichen moralischen Einsiusse,
sondern auch mit namhaften Geldsuminen, womit er seine Feldzüge gegen
innere und äußere Feinde bestritt, denn er war nicht gesonnen, auch
nur eines von den Rechten aufzugeben, die ihm durch die Krone Karl's
des Großen zusielen.
Nach dem Tode Otto's Iii. erhob sich ganz Italien in offenem
Aufstand gegen die deutsche Herrschaft. In Oberitalien wurde der
Markgraf Harduin von Jvrea der Führer der Bewegung und trug
zum Lohne den Namen eines Königs von Italien davon. Aber auch
er hatte eine starke Partei gegen sich. Als Heinrich Ii. schon im Jahre
1004 an der Spitze eines stattlichen Heeres die Alpen überschritt, um
die Rechte des deutschen Reiches in Italien mit Gewalt durchzusetzen,
wurde es ihm durch die einheimischen Feinde des italienischen Königs