1862 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Dritter Zeitraum des Mittelalters: 1096—1273.
steuern nach dem Abendlande reifte, Reliquien veräußerte und Häuser
niederreißen ließ, um Brennholz zu erlangen. Von allen Reichen, die
im Mittelalter aus der Gewalt des Waffenthums hervorgingen und
sich nach dem Lehnswesen einrichteten, war dies das abenteuerlichste und
darum ließ dasselbe auch keine Spuren im Volksthum zurück. Dagegen
hatte das griechische Kaiserthum von Nicäa unter dem zweiten seiner
Kaiser, Vatatzes (1222 — 1255), ein besseres Gedeihen, und von die-
sem und dem Despoten von Epirus, Theodor, ward ein großer Theil
Thraciens und Macedoniens wieder erobert; der vierte nicäische Kaiser
Michael Pa läo log ns (1254), kam durch Ueberrumpelung, 25. Juli
1261, in den Besitz der europäischen Hauptstadt, und damit begann der
letzte Act des griechischen Kaiserreiches, von welchem in der Folge zu
berichten sein wird.
95. Die Mongolen.
(Nach Gustav Adolf Stenzcl, Geschichte des preußischen Staates, mit einer
Einleitung nach Karl Friedr. Koeppen, die lamaische Hierarchie und Kirche.)
Die weitgreifendste und eben deßhalb folgenreichste Eroberung, deren
die Weltgeschichte gedenkt, ist von den Mongolen ausgegangen, welche
sich für das anserwählte Volk Gottes und für bestimmt hielten, die
(alte) Welt zu erobern und zu beherrschen. Der furchtbare Tschingis-
Khan hat diesen Glauben in entsetzliche Wahrheit verwandelt, indem er
ein Reich gründete, welches zur Zeit seiner weitesten Ausdehnung, wahr-
scheinlich mehr als die Hälfte des gesammten Menschengeschlechtes umfaßte.
Die Mongolen haben in ihren endlosen Kriegen und Verheerungs-
zügen, deren Schilderung uns noch jetzt mit Grausen erfüllt, die Mensch-
heit, welche sie vertilgen zu wollen schienen, in einem Umfange und
Grade aufgeregt, durch einander geworfen und zusammen gebracht, wie
kein anderer Weltstürmer vor oder nach ihnen. Indem sie ihre Raub-
züge von Japan bis zur Katzbach und von Hinterindien bis zum Jlmensee
ausdehnen, sind sie irgendwie mit allen Nationen der alten Welt in
Berührung oder doch in Beziehung gekommen. Japanesen, Chinesen,
Siamesen, Birmanen, Malayen, Tibetaner, Hindu, Perser, Türken, Ar-
menier, Syrer, Tscherkessen, Araber, Aegypter, Griechen, Russen, Polen,
Böhmen, Ungarn, Deutsche u. s. w., sie alle haben gegen die dämoni-
schen Wcltbezwinger gestritten und mit ihnen verhandelt, sie alle waren
andererseits in dem großen Mongolcnreiche vertreten, sei es als Völker
oder massenweise, sei es in einzelnen Individuen. Dadurch knüpften
sich Beziehungen an, die vom stillen bis zum atlantischen Ocean und
von den indischen Meeren bis zur Ostsee reichten. Am Hoslager der
Großkhane begegnen wir Botschaftern der Päpste und Khalifen, der by-
zantinischen Kaiser und der französischen Könige, der Sultane von Rum
und des Alten vom Berge, russischen Großfürsten, georgischen Prinzen,