1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
16. Kriege mit den Türken.
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als die Araber bis in die Milte Frankreichs vorgedrungen, oder da-
mals, als die mongolische Weltmacht, nachdem sie den Nordosten und
Südosten von Europa überflutet, zugleich an der Donau und an der
Oder das christliche Germanien angriff. König Ferdinand, der seine
Residenz nach Linz verlegte, wurde nicht müde, seinen Bruder, Kaiser-
Karl, welcher um diese Zeit in Genua eingetroffen war, mit Briefen
zu bestürmen, daß er ihm so schnell als möglich Hülfe schicken möge.
Blieb auch, aller Bitten ungeachtet, die Hülfe von dieser Seite aus,
so erhielt doch Ferdinand aus den Erbländern Böhmen und Mähren
etwa 60,000 Mann. Wien selbst hatte 22,000 Mann Besatzung.
Dieser ließ Solimán ankündigen, wenn sie ihm die Stadt übergebe, so
wolle er weder selbst hineinkommen, noch sein Volk hinein lassen, sondern
weiter vorrücken, wo nicht, so wisse er doch, daß er am dritten Tage
sein Mittagsmahl in Wien halten werde; dann werde er furchtbare
Rache nehmen. Die Antwort der Besatzung soll gelautet haben: er
möge nur zum Mahle kommen, man werde ihm mit Karthaunen und
Hellebarden anrichten. So begann er denn die Belagerung, deren
Hauptkunst damals in dem Untergraben der Mauern und dem Anlegen
von Minen bestand. Die Wiener aber verstanden sich auch auf unter-
irdische Arbeiten und es begann gleichsam ein Krieg unter der Erde.
Die Minen der Feinde wurden aufgespürt und zerstört. Zwar gelang
es den Türken, einen nicht unbedeutenden Theil der Mauer zwischen der
Burg und dem Kärthner Thor zu sprengen, aber ein dreimaliger Sturm
wurde mit bedeutenden Verlusten abgeschlagen (9., 11. und 12. Octbr.).
Ein vierter und letzter (14. Octbr.) war kaum mehr ernstlich gemeint,
die Ianitscharen mußten, ungeachtet des hohen Sturmsoldes (20 Du-
caten für den Mann) fast mit Gewalt gegen die Breschen getrieben
werden. Ein glücklicher Ausfall der Belagerten und die Gerüchte von
einem nahen Entsatz beschleunigten den Aufbruch zum Rückzuge. Es
war das erste Mal, daß dem siegreichen Sultan ein Unternehmen so
ganz gescheitert war, aber es entging ihm nicht, in welche gefährliche
Lage er kommen könne, .wenn er mitten im feindlichen Lande, ohne feste
Plätze, in der schlechten Jahreszeit, von einem Feinde angegriffen würde,
dessen Tapferkeit er so eben kennen gelernt hatte. Auf dem äußerst
beschwerlichen und verderblichen Rückzuge wurde das Gepränge der Be-
lehnung Zapolya's mit der ungarischen Königskrone nochmals wieder-
holt. Die darauf folgenden Friedensunterhandlungen blieben ohne Erfolg,
weil Ferdinand auf Ungarn nicht ganz verzichten und der Sultan keine
Theilung „dieses seines Königreiches" zugeben wollte.
Die letzte Friedensbotschaft, welche im Namen Ferdinand's anbot,
dem Nebenbuhler Zapolha für dessen Lebenszeit Ungarn zu lassen, wenn
es nur nach dem Tode desselben an ihn zurückfallen sollte, mußte dem
Heere (ebenfalls von 250,000 Mann) folgen, mit welchem Solimán
1532 abermals nach Ungarn aufbrach *). Die gewaltige Macht, wo-
*) Die Beschreibung dieses Auszuges lautet bei einem Venetianischen Chronisten