1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
94 19. Die Reformation in der französischen Schweiz.^Calvin.
dedicirte sie dem König Franz, den er durch die Zuschrift zu Gunsten
des Protestantismus umzustimmen suchte.
Damals (seit 1532) hatte Guillaume de Farel aus Gap im Del-
phinat, ein Schüler le Fevre's, in der burgundischen Reichsstadt Genf
der protestantischen Lehre Eingang verschafft. Die Annahme der Re-
formation führte Gens mit dem Schirmvogt des dasigen Bisthums,
mit dem Herzoge von Savoyen, der es 1536 belagerte, in Krieg; da
wendeten sich die Genfer um Hülfe nach Neuenburg und Bern und die
Berner halfen nicht nur durch einen Heereszug unter Hans Nägeli,
sondern eroberten auch das Bisthum Lausanne gegen Savoyen und
dessen Verbündete und zogen des geflohenen Bischofs Einkünfte und Ge-
richte an sich. Am 7. August schlossen Bern und Genf ein 25jähriges
Burgrecht, welches die Reformation in Genf und im Waadtland feststellte.
Als Calvin nach Genf kam und weiter ziehen wollte, da die engen
Verhältnisse Genfs seiner Weiterbildung nicht förderlich zu sein schienen,
drohte ihm Farel mit dem Fluche Gottes, der ihn treffen müsse, weil
er nicht Gottes, sondern seine Ehre suche. Dieser Vorwurf hielt Calvin
fest; er ward Prediger und Lehrer der Theologie in Geys, und bildete
hier mit Farel, Viret und de Beze einen Freundesbund, der den Grund
für die reformirte Kirche in den französisch redenden Ländern legte.
Die Bürger beschworen das neue Glaubensbekenntniß, und wer dem
Bekenntnisse nicht beitrat, verlor sein Bürgerrecht. Die sittlichen For-
derungen Farel's und Calvin's, als sie dieselben streng durchzuführen
suchten, vereinigten in Genf alle lockeren, sinnlichen Naturen zu einer
Oppositionspartei; die Parteiung brachte Unruhe; die damit verbundene
politische Aufregung machte auch ernstere besorgt und den Predigern
abgeneigt. Die Folge war, daß die Behörden diese unabhängige
geistliche Gewalt nicht dulden wollten, und Calvin nebst Farel ver-
urtheilten, innerhalb dreier Tage Genf zu verlassen. Sie gingen über
Zürich und Basel, letzterer nach Neufchatel, wo er Prediger ward;
ersterer als Prediger der französischen Gemeinde nach Straßburg. Von
Straßburg aus reis'te Calvin zu Besprechungen mit den deutschen Pro-
testanten (unter denen ihm Melanchthon der wertheste war), nach Frank-
furt, Hagenau und Worms, sogar nach Regensburg. Inzwischen war
in Genf die Sehnsucht nach Calvin immer höher gewachsen; einer seiner
hauptsächlichsten Gegner, des Aufruhrs überwiesen, brach auf der Flucht
den Hals; ein zweiter war wegen Mordes enthauptet worden; zwei
mußten wegen Verraths gegen die Stadt diese meiden. Dringende
Botschaft lud 1540 Calvin zur Rückkehr ein; er kehrte nun zurück,
und mit ihm derselbe sittlich-ernste Geist, der früher Grund zu seiner
Vertreibung geworden war.
Hinsichtlich der Abendmahlslehre erklärte er sich so, daß er Luther
bei weitem näher stand als Zwingli, und seine Anhänger sich nachher
wohl in Deutschland der veränderten augsburgischen Confession vielfach
anschließen konnten. Luther nahm an, der wahre Leib Christi werde
mit dem Brode vereinigt genossen, so daß zwar das Brod selbst nicht