1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
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36. Großbritannien unter- Jakob I.
beider Länder zu einem einzigen Reiche. Den Meisten erschien jedoch
das fast zufällige Erbrecht Jakob's ganz unbedeutend bei dem fortdau-
ernden Gegensätze der Sitten und Gewohnheiten, der kirchlichen Ent-
wickelung und der gesammten Bolksthümlichkeit. Engländer wie Schotten
forderten und fürchteten zu viel, jeder Theil hielt seine Einrichtungen
für allein angemessen. Aus diesen Gründen ward der Plan einer völligen
Vereinigung von den Parlamenten verworfen und nur die Erleichterung
einiger Nebendinge hinsichtlich des Handels, der Rechtspflege und der-
gleichen angenommen. Es mußten noch viele Jahre vergehen und viele
Vorurtheile und Leidenschaften verschwinden, ehe sich Schotten und Eng-
länder als Glieder eines größeren Ganzen fühlen lernten.
In seiner äußeren Erscheinung und seinem Benehmen zeigte sich
Jakob I. nichts weniger als königlich. Von der Schönheit und dem ein-
nehmenden Wesen Mariens hatte er nichts geerbt, und seine nordisch
rauhe Aussprache ward dadurch noch unangenehmer, daß seine Zunge
für den Mund zu dick war. Auch hinderte sie ihn, mit Anstand und
reinlich zu trinken. Wenn Elisabeth glaubte, daß Pracht, selbst des
Anzugs, ihrer königlichen Würde entsprechen müsse, so verachtete Ja-
kob alles Aeußere. Auch für Wissenschaft und Kunst fehlten ihm
meist Urtheil und Geschmack, und seine Gelehrsamkeit zeigte er fast
immer auf pedantische Art. Schmeichler nannten ihn den Salomon
seiner Zeit, während Andere schärfer und richtiger bemerkten: sein Geist
sei ein Magazin für bedeutungslose Kleinigkeiten und er der weiseste
Thor in der Christenheit.
In Beziehung auf die Religion entsprach es dem Sinne des Königs,
Protestant zu sein, was für seine Autorität in England und Schottland
unbedingt nothwendig schien, zugleich aber die Katholiken nicht zu Geg-
nern zu haben und den Papst zu seinen Freunden zählen zu können.
Ein solcher Mittelweg stand aber mit den Gesetzen Englands im Wi-
derspruch und war auf die Dauer unhaltbar.
Die Katholiken verlangten eine offene Toleranz-Erklärung. Diese
war aber von dem so eifrig protestantischen Parlamente nicht zu er-
warten, vielmehr begannen die gewaltsamen Verfolgungen katholischer
Priester und Laien alsbald von Neuem, und die Hoffnung, von Spanien
Hülfe zu erhalten, war abgeschnitten durch den Frieden, der im Früh-
jahre 1604 zwischen England und Spanien abgeschlossen wurde und
keine Stipulationen zu Gunsten der Katholiken enthielt.
Die Pulver-Verschwörung.
In dieser Bedrängniß und Verzweiflung reifte bei einem oder zweien
der Plan, sich selbst zu helfen. Ein Anschlag gegen die Person des Königs
oder seiner Minister, wie er so oft gefaßt war, konnte nicht weit führen,
selbst wenn er gelang; denn allezeit blieb das Parlament mit seiner
protestantischen Mehrheit, um antikatholische Statuten sestzusetzen, es
blieben die Richter, um sie auszuführen. Robert Catesby erösfnete nun
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