1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
262 39. Der dreißigjährige Krieg bis zuin Tode Gustav Adolfs.
eines 40000 Mann starken kampfmuthigen Heeres und nun wollte er
das Commando niederlegen. Dann aber wären die Soldaten aus-
einander gelaufen: ohne Wallenstein gab es kein Heer; er mußte um
jeden Preis im Commando festgehalten werden. Verschiedene Versuche
mißlangen; endlich kam folgende Uebereinkunft zu Stande: Wallenstein
ist Generalissimus des römischen Reiches, des Hauses Oesterreich und
der Krone Spaniens; der Kaiser wird sich nicht bei der Armee befinden,
noch viel weniger sie commandiren; alle kaiserlichen Erbläuder stehen
ihm und seiner Armee zum Rückzüge offen. Beim Friedensschlüsse
soll das Interesse wegen Mecklenburg wahrgenommeu werden, als Be-
lohnung erhält er ein österreichisches Erbland mit allen Rechten eines
unmittelbaren Reichsfürsten.
Der neue Generalissimus richtete sein erstes Augenmerk gegen die
Sachsen in Böhmen. Beinahe ohne Schwertstreich drückte er die Sachsen
aus Böhmen und nach wenigen Wochen konnte Wallenstein dem Kaiser
melden, die Erbstaaten seien vom Feinde gesäubert. Es war die höchste
Zeit; denn Tilly war schon Gustav Adolf's überlegenem Feldherrn-
Talent erlegen. Er war nämlich, nachdem er den General Horn ge-
schlagen, nach Bamberg vorgerückt, weßhalb Gustav Adolf seinen Sie-
geslauf am Rheine hemmte und gegen Tilly heranrückle. Dieser zog
sich hinter den Lech zurück und wurde in einem Gefechte (6. April
1632) tödtlich verwundet, Gustav Adolf aber erzwang den Uebergang
über den Lech, besetzte Augsburg und 6 Tage später München. Nichts
konnte ihn hindern längs der Donau in das Herz der kaiserlichen
Staaten vorzudringen. Um dies zu verhüten, ging der Kurfürst von
Baiern selbst nach Eger und verabredete mit Wallenstein eine Vereini-
gung der kaiserlichen und liguistischen Streitkräfte. Beide unterdrückten
bei dieser persönlichen Zusammenkunft die Gefühle gegenseitiger Ab-
neigung.
Das vereinigte kaiserlich liguistische Heer, 60,000 Mann stark,
traf den Schwedenkönig, der vergebens die Vereinigung der Gegner
durch Eilmärsche zu verhindern gesucht hatte, bei Nürnberg mit nur
18,000 Mann. Der Kurfürst von Baiern rieth zu sofortigem Angriffe.
Wallenstein aber antwortete: „Mein Heer ist neu, wird es in einer
Feldschlacht überwunden, so ist Deutschland und Italien in Gefahr; ich
will dem Könige von Schweden eine neue Art zeigen, Krieg zu führen,"
und somit verschanzte sich auch Wallenstcin in der Nähe von Nürnberg,
auf einer Anhöhe, der alte Berg genannt. Neun Wochen standen sich
die Heere gegenüber, wie zwei gewitterschwangere Wolken. Gustav
Adolf hatte indessen so viel Verstärkung an sich gezogen, als nur immer
möglich, so daß er an Zahl dem kaiserlichen Heere nahe kam, aber
eben die Anhäufung so vieler Menschen in und um Nürnberg, er-
schöpfte die Lebensmittel und veranlaßte Seuchen, täglich starben über
300 Menschen, das Heer verlor beinahe alle Pferde. Dies bewog
den König, Wallenstein's feste Stellung zu stürmen. Den ganzen Tag
über währte der Kampf; beide Heere erschöpften ihre Tapferkeit, beide