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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 455

1864 - Köln : DuMont-Schauberg
71. Kaiser Karl Vi. 455 von Mangel und Seuchen in immer wachsendem Maße heimgesucht. Eugen fand den Rückzug über die Brücken im Angesicht des Gegners unmöglich; er sah wieder die höchste Klugheit in der entschlossensten Kühnheit und beschloß auf den 16. August die eigene Offensive, die Zersprengung des feindlichen Entsatzheeres. Um Mitternacht rückten die Colonnen, in tiefem Schweigen antretend, hinaus auf das freie Feld: gegen Morgen legte sich ein dicker Nebel über die Gegend, welcher die Annäherung der Armee dem Feinde eine Weile verdeckte, dafür aber auch einige Colonnen sich zu weit nach rechts schieben ließ, so daß im Centrum der Schlachtreihe eine bedeutende Lücke entstand. Endlich zer- riß der frische Morgenwind den Nebel und entrollte vor Eugen's Augen in einem Moment das Bild der Lage. Seine beiden Flügel waren gewaltig vorgedrungen, im Centrum aber hatte das türkische Fußvolk Boden gewonnen und war eben im Begriffe, dem rechten Flügel der Kaiserlichen in den Rücken zu fallen. Da stellte sich Engen per- sönlich an die Spitze seiner Reserven und stürzte sich auf die feindliche Colonne. Ein furchtbares Gemetzel entspann sich, und während das Fußvolk Angriff auf Angriff folgen ließ, ergriff der Prinz seine nächsten Reiterregimenter und schmetterte mit ihnen dem schweren Klumpen Ja- nitscharen in die Flanke. Die Türken verloren 12,000 Todte und Verwundete, 15,000 Gefangene, 200 Geschütze, 50 Fahnen, ihr ganzes Lager mit unendlichem Geräth. Sechs Tage nachher capitulirte Belgrad. Es war damit ganz Serbien der Botmäßigkeit der kaiserlichen Waffen unterworfen, so daß beide Hospodare sich zu Tribut und Kriegssteuer be- quemten. Kaum 30,000 Mann zerrütteter und eingeschüchterter Truppen hatte der Großvezier noch beisammen, während die christliche Bevölke- rung bis tief nach Albanien und Bulgarien hin in fieberhafter Erre- gung war. Als die Pforte den Frieden begehrte, forderte dann Eugen, 1716, um die Grenzen der Christenheit sicher zu stellen, die Abtretung Bosnien's und Serbien's auf dem rechten, der Walachei und halben Moldau auf dem linken Donau-Ufer. Die Türken baten sich Bedenkzeit aus; aber die Kaiserlichen waren bald gezwungen, von diesen hochge- spannten Forderungen zurückzutreten. Dies wurde durch die feindlichen sogleich zu erzählenden Bewegungen der Spanier herbeigeführt. Der Kaiser behielt im Frieden zu Passarowitz den ganzen Banat, fünf Districte der kleinen Walachei, einen Theil von Serbien bis an die Morava und Drina, so daß ihm Belgrad blieb. Venedig Hütte bessere Bedingungen erhalten, ohne die Bewegungen der Spanier, denn in dem Maße, als die Kaiserlichen sich nachgiebig zu zeigen begannen, wurden die Türken schroffer gegen Venedig. Morea blieb für die Re- publik verloren. Dieser Friede ist der rühmlichste von allen, die O-esterreich mit den Türken geschlossen, ein redendes Denkmal der politischen «Weisheit Eugen's. Man darf wohl die Frage aufwerfen, ob cs nicht heilsamer gewesen wäre, Sardinien und auch Neapel aufzugeben und sich durch die Eroberung des größten Theiles der europäischen Türkei zu entschädigen?
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