1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
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77. Der siebenjährige Krieg in Deutschland.
Die Feldzüge des Jahres 1758.
In diesen wie den folgenden Jahren, bis zum Frieden, war der
Kriegsschauplatz ein doppelter: im westlichen Deutschland gegen die
Franzosen (80,000 M.), welche ihre Kriegsbewegungen abgesondert von
denen ihrer Verbündeten erhalten wollten, da sie bereits an den Frie-
den mit England (in dem gleichzeitigen Seekriege, s. Nr. 76) dachten,
im östlichen Deutschland gegen die (75,000) Russen, (122,000) Oester-
reicher, (32,000) Reichstruppen und (21,000, Anfangs nur 7000)
Schweden.
Der König überließ den Krieg auf dem westlichen Schauplatze dem
Herzoge Ferdinand von Braunschweig, der den beiden verbündeten
Königen von England und Preußen durch Verwandtschaft nahe stand
und die wichtigsten Eigenschaften eines tüchtigen.anführers in sich ver-
einigte: Muth und ruhige Geistesgegenwart, scharfsichtigen Blick für
die Wahl des Angriffs, richtige Beurtheilung seiner Gegner und ge-
schickten Tact in der Auswahl seiner nächsten Gehülfen. Diesem talent-
vollen Manne gelang es, die aus verschiedenen Volksstämmen zusammen-
gesetzten, ungebildeten Truppen in kurzer Zeit zu einem Ganzen zu ver-
schmelzen und mit einem Eifer zu beleben, wie er kaum in höherem
Grade bei dem Heere des Königs zu finden war.
Schon in der Mitte Februar 1758 eröffnete der Herzog mit etwa
30,000 Mann den Feldzug gegen die in weiten Winterquartieren (von
Goslar bis Verden) zerstreuten Franzosen (unter Clcrmont), welche er
bis über den Niederrhein zurücktrieb. Im Anfänge des Juni ging
auch er unterhalb Emmerich über den Rhein, trieb die (47,000) Fran-
zosen vor sich her und schlug sie bei Crefeld (23. Juni), indem er
mit seinem rechten Flügel höchst verwegen den feindlichen linken Flügel
umging, während die französischen Unterbefehlshaber die ihnen ertheilten
Befehle nicht ausführten und ihre Reiterei sich geradezu weigerte, einen
Angriff zu machen. Der Marschall Contades erhielt nun den Ober-
befehl des Hauptheeres der Franzosen; ein kleineres französisches Heer-
unter Soubise drang von Hanau aus gegen Kassel vor. Deßhalb ging
Ferdinand über den Rhein zurück und Contades folgte ihm. Doch ge-
schah nichts von Bedeutung, Ferdinand konnte, bei der Unthätigkeit, in
welcher Soubise verharrte, die Vereinigung der beiden französischen
Heere verhindern, von denen das größere (unter Contades) im Anfänge
des Winters auf das rechte Rheinufer zurückkehrte und zwischen Rhein
und Maas Winterquartiere bezog, was Soubise, nachdem er über den
Main zurückgegangen war, zwischen diesem Flusse und dem Rheine, der
Herzog Ferdinand in den Bisthümern Münster, Paderborn und Osna-
brück that.
Der König führte auf dem östlichen Schauplatz den Krieg An-
fangs nicht minder glücklich. Er eroberte zunächst Schweidnitz, welches
er durchaus nicht in seinem Rücken in Feindeshänden lassen durfte,
drang dann, während die Oesterreicher einen Angriff auf Böhmen er-