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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 614

1864 - Köln : DuMont-Schauberg
614 94. Der National-Convent seit der Hinrichtung Ludwig's Xvi. 24 Schuldige ausliefere". „Man liefere uns alle aus!" schrie die ihn umgebende Meuterer-Rotte. Er ließ sofort mehrere Kanonen auf den Convent richten. Niemand wagte es mehr, sich der Verhaftung der Ge- ächteten zu widersetzen; Marat trat unter sie und dictirte das Schick- sal ihrer Mitglieder. Nachdem die Liste geschlossen, wurde ein Ver- hafts-Decret gegeben, an dessen Beschlüsse die Hälfte der Versammlung keinen Theil nahm. Man gab den Geächteten Hausarrest, und stellte sie unter den Schutz des Volkes! Der Rest des Convents bekam nun für den Augenblick Luft; die Menge verlor sich; aber die Freiheit und wirkliche Autorität des Convents war von diesem Augenblicke an ver- nichtet. Verschieden, aber fast durchaus traurig, war das Schicksal der übri- gen Girondisten. Mehrere waren schon vor der letzten Katastophe ent- flohen; anderen, selbst schon verhafteten Mitgliedern, gelang eine augen- blickliche Rettung. So entkamen Barbaroux, Lanjuinais, Petion und Andere nach der Normandie und gelangten nach Caen, der Hauptstadt des Departements Calvados, wo sie das Volk zu den Waffen riefen, die Schmach und die tyrannische Verletzung der Volks-Repräsentation zu rächen. In diese Zeit gehört eine That, die der Absicht nach eine der edelsten Aufopferungen der reinsten Vaterlandsliebe, der Wirklichkeit nach aber ein schwärmerischer Jrrthum war. Marat hatte schon lange Mord aller in seinen Augen Verdächtigen gepredigt; er war der Götze der rohen Pöbelmasse von Paris und der Anführer gedungener Meuchel- mörder; er hatte hauptsächlich die Insurrection vom 2. Juni geleitet und vollendet; er hatte die Proscription und Verhaftung der geächteten Girondisten dictirt; was war natürlicher, als daß man ihn, besonders in der Ferne, in den Provinzen, als den Haupturheber der zahlreichen Leiden ansah, die jetzt auf dem unglücklichen Frankreich lasteten? Ein hochherziges Mädchen, die Tochter eines Edelmannes, faßte, von der reinsten Freiheitsliebe beseelt, den Entschluß, ihr Vaterland von diesem Ungeheuer zu befreien. Charlotte Corday d'arm ans hatte aus der Lectüre der Geschichte der Vorzeit einen echt republikanischen Geist in sich genährt und einen tiefen Haß gegen alle Unterdrückung einge- sogen. Mucius Scävola und andere Helden des Alterthums entflammten ihre Seele; ihre Aufopferungen schienen ihr neidenswerth. Nächstdem soll ihr Entschluß auch durch den Schmerz der Liebe gefördert worden sein: sie soll nämlich einen jungen Officier von der Garnison von Caen geliebt haben, der, als Verschwörer angeklagt, auf Marat's Be- trieb von bezahlten Bösewichtern ermordet wurde. Wie dem auch sei, sie verließ ihre stille Heimat, kam am 12. Juli 1793 in Paris an, begab sich zweimal in Marat's Wohnung, ohne vorgelassen zu werden. Da schrieb sie noch denselben Abend an ihn: „Bürger! so eben komme ich von Caen. Ich habe Ihnen wichtige Geheimnisse zu entdecken, und werde Ihnen Gelegenheit geben, Frankreich einen Dienst zu leisten." Am folgenden Morgen kaufte sie erst einen Dolch im Palais Royal
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