1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
634 95. Der Krieg der ersten Coalition gegen Frankreich.
beten Staatsdienerschaft hinab. Die Folge war, daß die geistlichen und
weltlichen Stände des deutschen Reiches, welche in Frankreich Diöcesan-
rechte ausgeübt hatten oder Besitzungen mit Landeshoheit und anderen
Gerechtsamen besaßen, dieselben verlieren sollten. Die Erzbischöfe von
Mainz, Trier und Köln, die Bischöfe von Straßburg, Speier und
Basel, der deutsche Orden, die Herzöge von Zweibrücken und Württem-
berg, der Landgraf von Hessen-Darmstadt, der Markgraf von Baden,
die Fürsten von Nassau, Leiningen und Löwenstein nebst vielen Grafen,
Herren und Rittern kamen dadurch zu bedeutendem Schaden und wollten
sich denselben nicht gefallen lassen. Kaiser Leopold nahm sich aus Be-
trieb des kurfürstlichen Collegiums der beeinträchtigten Stände an, und
der deutsche Reichstag erklärte durch ein Conclusum vom 6. August
1791, daß die Anwendung französischer Decrete auf die in Lothringen
und im Elsaß begüterten Reichsstände eine Verletzung der Hoheit des
Kaisers und des Reiches sei.
Zu der durch diese Verhältnisse herbeigeführten Spannung zwischen
dem deutschen Reiche und der französischen Regierung kam die Be-
sorgniß vor der weiteren Ausbreitung der Grundsätze, welche in Frank-
reich herrschten, und der Schutz, welchen die Emigranten in Deutschland
fanden, hinzu, um das gute Einverständniß auf beiden Seiten immer
mehr zu stören. Die Flucht, durch welche sich der König von Frank-
reich aus der Gewalt der National-Versammlung zu befreien suchte
und die ihn, da sie mißlang, in die förmliche Gefangenschaft seiner
Unterthanen brachte, veranlaßte den Kaiser zu einer Circular-Note an
alle europäischen Höfe, worin er sie aufforderte, die Sache des Königs
von Frankreich als ihre eigene zu betrachten und die Befreiung und
Sicherheit desselben durch entscheidende Maßregeln zu bewirken. Der
Kaiser hielt im August 1791 mit dem Könige von Preußen, Friedrich
Wilhelm Ii., eine Zusammenkunft zu Pillnitz; beide beschlossen, ihre
Heere in Bereitschaft zu hallen. Kurz darauf nahm aber der König
von Frankreich die von der National-Versammlung entworfene Ver-
fassung feierlich an und erklärte allen Mächten, daß er dies freiwillig
und ungezwungen gethan habe. Der gemäßigte Kaiser Leopold war
über diese glückliche Wendung der Dinge in Frankreich erfreut.
Als nach dem Abgänge der ersten (constituirenden) National-Ver-
sammlung die gesetzgebende National-Versammlung mit weniger ge-
mäßigten Grundsätzen und unter dem Einflüsse der heftigen jacobini-
schen Partei sogleich gegen die Emigranten und die deutschen Reichs-
fürsten, bei welchen dieselben Schutz gefunden hatten, einen Ton an-
nahm, der einen feindseligen Bruch voraussehen ließ, schloß der Kaiser
am 7. Februar 1792 mit dem Könige von Preußen zu Berlin eine
Allianz, durch welche sich beide Mächte zu einer gemeinschaftlichen Ver-
theidigung gegen jeden Angriff und zur Aufrechthaltung der deutschen
Verfassung verbanden. Die Beschleunigung des Krieges wurde nicht
wenig durch den Tod des Kaisers befördert. Leopold Ii. starb am 1.
März 1792, sein Sohn und Nachfolger, Franz Ii., war als ein