1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
674 100. Napoleon's Zug nach Aegypten und Syrien.
bloß mit Pistolen und Säbeln, begehrten und nahmen kein Pardon an;
der General Lannes trieb die Feinde, die nicht getödtet wurden, ins
Meer. Die Beute war unermeßlich und die Befreiung Aegyptens der
Preis. Kleber, vorhin oftmals Napoleon grollend, umarmte ihn, mit
den Worten: „General, Sie sind groß, wie die Welt, aber die Welt ist
nicht groß genug für Sie."
Vergebens versuchte nun Sidney Smith durch Unterhandlungen und
durch Mittheilung ungünstiger Nachrichten aus Frankreich, sowohl
von dem Zwiespalt zwischen dem Directorium und den Rathen, als
von den Unfällen der republikanischen Armeen, Napoleon zur Räumung
Aegyptens zu veranlassen. Doch entschloß sich dieser für seine Person
nach Frankreich zurückzukehren, wozu er auch von dem Directorium be-
vollmächtigt wurde. Den Oberbefehl über das zurückbleibende Heer
übersandte er schriftlich dem General Kleber und segelte im August 1799
mit einem Gefolge von 500 Personen nach Frankreich zurück, abermals
den englischen Kriegsschiffen glücklich entgehend, obgleich der aus Nord-
west wehende Wind die Fahrt so verzögerte, daß man in 20 Tagen
nicht 100 Stunden zurücklegte. Schon hatte man am 8. October die
Küste Frankreichs im Gesichte, als 8—10 feindliche Segel signalisirt
wurden. Die erfahrensten Officiere und Seeleute riethen zur Rück-
kehr nach Corsika, aber Bonaparte konnte sich schlechterdings dazu nicht
entschließen, und auch dieses Mal vertraute er nicht umsonst auf sein
Glück. Glücklich lief er mit seinem Geschwader in der Nacht vom 8.
auf den 9. October in Fr ejus ein. Er war 48 Tage unterwegs
und 1 Jahr, 4 Monate und 20 Tage von Frankreich abwesend ge-
wesen. Ohne das geringste Verweilen trat er die Reise nach Paris
an. Es war ein wahrer Triumphzug. Wo es nur kund wurde,
Bonaparte sei da, da strömte das Volk zu Tausenden herbei und
streute ihm Blumen, drängte sich um ihn, um nur sein Kleid, seine
Hand zu berühren, und unzweideutig sprach es sich in diesem jubelnden
Enthusiasmus aus, daß Frankreich eine Katastrophe bevorstand, und
daß ihn die öffentliche Stimme als den Retter des Vaterlandes be-
zeichnete.
Der neue Oberbefehlshaber, Kleber, imponirte dem Volke nicht
minder durch seine hohe Gestalt und sein heroisches Aeußere (weßhalb
die Soldaten ihn den französischen Mars nannten), als durch die orien-
talische Etiquette, die er, im Gegensätze zu Bonaparte's schlichter Ein-
fachheit, alsbald einführte. Er war eifrig mit der Organisation der
Verwaltung in dem ihm anvertrauten Lande beschäftigt, als eine neue
Gefahr herannahte. Der Großvezier rückte mit einem Heere von
80.000 Mann von Syrien aus in das Nildelta vor, Kleber hatte nur
10.000 Mann zu concentriren vermocht. Dennoch zog er dem türkischen
Heere entgegen und in der Schlacht bei dem Dorfe Matarieh, dem
alten Heliopolis (am 20. März 1800), erlag die große Uebermacht
den geschlossenen Reihen der französischen Vierecke; mehr als 50,000
Türken fanden in dieser Schlacht und den zunächst folgenden Kämpfen