1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
104. Der Krieg der dritten Coalition, 1805. 711
Wer weiß, ob der Kampf nicht wäre fortgesetzt worden, hätten
nicht inmittels zwei Gründe Napoleon bewogen, Oesterreich eine
gefahrlose Ruhe zu gönnen? Der eine dieser Gründe lag in der
Wendung, welche der Seekrieg genommen. In der ersten Hälfte des
Jahres 1805 fing Napoleon nicht ohne Grund an, in dieser Hinsicht
sehr günstige Erwartungen zu hegen. Nicht nur waren die für das
zu Boulogne versammelt gewesene Heer von nahe an 200,000 Mann
bestimmten 1700 Fahrzeuge, trotz der Wachsamkeit der Engländer,
überall an dem Orte ihrer Bestimmung angekommeu, nicht nur alle
Landungs- und Zerstörungsversuche der Engländer gegen die französische
Küste und ihre Häfen gescheitert, sondern das mit Spanien geschlossene
Schutz- und Trutzbündniß hatte auch die spanische nicht unbedeutende
Marine zu Napoleon's Verfügung gestellt. Nelson, dem der Ober-
befehl der vor Cadix vereinigten englischen Flotte übertragen worden
war, wußte durch verstellten Rückzug die combinirte französisch-spanische
Flotte aus dem sichern Hafen zu locken und zwang sie, am 21. Oct.
bei dem Vorgebirge Trafalgar zu der denkwürdigen Schlacht, durch
welche die Hoffnungen Frankreichs aus eine Selbständigkeit zur See
auf lange Zeit vernichtet wurden. Verloren gingen 19 Schisse, viele
fielen später den Engländern noch in die Hände und nur 10 Schisse
blieben Frankreich übrig. An Mannschaft sollen 15,000 Franzosen, dagegen
nur 1800 Engländer geblieben und dienstunfähig geworden sein. Der
französische Admiral Villeneuve, der spanische Vice-Admiral Alava, der
Eontre-Admiral Cisneros waren gefangen, Gravina todt. Doch am
Ende traf den sieggekrönten Nelson dasselbe Schicksal: ein Scharfschütze
aus der Santa Trinidad, der vom Mastkorbe aus ihn an seinem Orden
erkannte, traf ihn, unter dem Stern, mitten ins Herz — ein Verlust
für Englands Marine, der wohl dem Verluste einer Schlacht gleich zu
achten war. Die Tage von Ulm und Trafalgar bildeten merkwürdige
Contraste; diese führten dahin, den Plan, England durch directen An-
griff in seine natürlichen Schranken zurückzuweisen, vorläufig aufzugeben
und diesen Zweck durch Unterjochung des Festlandes zu erreichen.
Der zweite Umstand, der Napoleon den Frieden mit Oesterreich be-
eilen ließ, war das mit Preußen entstandene zweideutige Verhältnis
Zwar schien diese Macht beim Beginnen dieser dritten Coalition nicht nur
in ihrer Neutralität, sondern selbst in Freundschaft gegen Frankreich ver-
harren zu wollen; sie lehnte jeden Antrag, sich an Oesterreich und
Rußland anzuschließen, ab. Diese für Napoleon so günstige Stimmung
im preußischen Cabinet war inzwischen, nach der Verletzung der Neu-
tralität des preußischen Gebiets in Franken, in desto größere Erbitte-
rung übergegangen und hatte der bis jetzt schweigenden, aber schon vor-
handenen anti-französischen Partei in Berlin das Uebergewicht verschafft.
Als das preußische Cabinet noch zwischen Krieg und Frieden schwankte,
traf Alexander I. selbst, und kurz darauf auch der Erzherzog Anton,
in Berlin ein und gab durch seine Persönlichkeit den Ausschlag. Am
Grabe Friedrichs des Großen, wohin Alexander I. mit dem Könige