1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
109. Der Krieg Oesterreichs gegen Napoleon, 1809. 741
zur Umkehr genöthigt. Noch einmal war es ein Moment, in welchem
das Größte möglich schien. Auf's Neue erhoben sich Tirol und Vorarl-
berg; der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig brach mit seiner
schwarzen Legion aus Böhmen nach Sachsen und besetzte das halbe
Land. Es gährte in Württemberg, es gab neue Unruhen in Hessen
— welch ein Augenblick, wenn sich jetzt ein preußisches Heer von
150,000 Mann für die gemeinsame Sache erhob und rings umher
ganz Deutschland in Flammen setzte! Daß es nicht geschah, hatte
vornehmlich zwei Gründe. In Berlin gab es Niemanden, welcher den
König mit dem Ansehen Stein's hätte bestimmen und fortreißen können;
im Angesichte der Ungeheuern Gefahr kam er zu keinem Entschlüsse.
In Oesterreich aber, wo beide Gegner in mehrwöchentlicher Waffen-
ruhe wetteiferten, die Verluste herzustellen, Verstärkungen heranzuziehen,
war das Talent des Erzherzogs dem Genie Napoleon's nicht gewachsen.
Anfangs Juli hatte der französische Kaiser eine Uebermacht von 180-
gegen 130,000 Mann zur Stelle, und entschied den Ausgang des
Krieges durch die Riesenschlacht von Wagram.
Zwei Tage (5. u. 6. Juli) währte die Schlacht. Des Erzherzogs Plan
war derselbe, den 6 Jahre später Wellington und Blücher bei Waterloo
ausführten: der Generalissimus wollte die Schlacht so lange halten, bis
das von Preßburg herbeigerufene Armeecorps unter dem Erzherzog
Johann in der rechten Flanke und im Rücken der französischen Armee
erscheinen würde. Der Generalissimus selbst wurde am ersten Tage
leicht verwundet, als er die wankende Ordnung eines Bataillons her-
stellte. Anderthalb Tage schwankte die Schlacht unentschieden, bis end-
lich der österreichische linke Flügel von der Uebermacht der feindlichen
Cavallerie umwickelt wurde, nun war die Schlacht verloren. Fechtend
trat der Generalissimus den Rückzug an; zwei Stunden später erschien
das Armeecorps von Preßburg auf dem Schlachtfelde, es konnte nicht
mehr helfen und zog sich wieder nach Preßburg zurück. Bei Znaim
hielt der Generalissimus wieder Stand, es entspann sich ein heftiges
Gefecht, während dessen der Generalissimus mit Napoleon einen Waf-
fenstillstand schloß; aber die Erbitterung, die Kampfeswuth der kaiser-
lichen Truppen war so groß, daß sie vom Kampf nicht ablassen wollten,
selbst nach dem verkündeten Waffenstillstände griffen sic noch einige
Male an, nur mit Mühe wurden sie endlich beschwichtigt.
Am 14. Oct. ward der Friede zwischen Oesterreich und Frankreich
zu Wien abgeschlossen. Oesterreich verlor in demselben an 2000
Q.-Meilen Flächeninhalt, 4vr Million Seelen, jede Verbindung mit
dem Meere, jeden Ausweg seines Handels. Es trat ab zu Gunsten
der Bundesgenossen Bonaparte's, und zwar an Baiern Salzburg und
Berchtesgaden, das im tescheuer Frieden erworbene Jnnviertel, nebst
einem Thcile des alten Oesterreich ob der Enns. Kram und von
Kärnthen den Villacher Kreis, Triest, Görz, Monfalcone, Fiume, Istrien,
das ungarische Küstenland und einen guten und wichtigen Theil von
Croatien bis an die Sau, deren Thalweg von nun an Oesterreichs