1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
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113. Deutschlands Befreiung, 1813.
unter Längeren, derselbe sei im vollen Rückzuge begriffen. Blücher
selbst zieht den Säbel, setzt sich an die Spitze der durch das Fußvolk
durchgezogenen Reiterei, schreit: „Vorwärts!" und stürmt mit Ulanen
und Husaren unter lautem Hurrah in vollem Rennen auf die feind-
lichen Reiter, die zwar geworfen werden, aber während des aufgelösten
Zustandes der Verfolgenden gerathen diese selbst'in Gefahr; die beiden
letzten preußischen Reiter-Regimenter müssen aus dem Rückhalt hervor-
eilen, diese und die russische Reiterei, die im rechten Augenblick dem
Feind in die Seite fällt, entscheiden das Gefecht. Die Franzosen
räumen geschlagen das Feld. In den Engwegen des Neißethals aber
gerieth alles in Verwirrung. Der Regen strömte noch immer, die
Gebirgswässer wuchsen mit jedem Augenblick, und ihre tobenden Fluten
rissen Brücken und Stege fort. Vergebens suchte man Uebergänge, die
eingetretene tiefe Dunkelheit ließ Tausende von Flüchtlingen in der
wüthenden Neiße und Katzbach den Tod finden, eine Menge Gefangene,
30 Kanonen nebst ihren Pulverwagen, und vieles andere Fuhrwerk
fielen in die Hände der Sieger. Die Finsterniß setzte der Verfolgung
ein Ziel; der Boden war vom Regen so durchweicht, daß ein Theil des
Fußvolks seine Schuhe stecken ließ und barfuß einherzog. Große Er-
gebnisse waren mit geringem Verlust erkauft; der Heertheil von Jork,
welcher im stärksten Kampfe gewesen, zählte kaum 500 Todte und Ver-
wundete, auch der Feind hatte verhältuißmäßig wenig durch das Schwert
verloren, desto mehr aber in den flutenden Gewässern und am meisten
an Gefangenen, deren noch täglich bis zum 4. September eingebracht
wurden, zum Theil durch den Landsturm, der die Versprengten im Ge-
birge aufgriff. Der ganze Verlust der Franzosen betrug an 30,000
Mann, der Gefangenen waren 20,000, der genommenen Kanonen 105
und der Pulverwagen über 300. Blücher schätzte den Verlust des
schlesischen Heeres auf höchstens 1000 Mann; vielleicht nie, sagt er
am Schlüsse seines Berichtes, sei ein Sieg mit so wenig Blut erkauft
worden.
In denselben Tagen war die böhmische Armee über das Gebirge
gegangen und hatte sich, 150,000 Mann stark auf Dresden geworfen,
das man zum Widerstand zu schwach zu finden hoffte. Am 24. August
Abends stand man zwei Meilen von Dresden; man konnte am 25.
den Sturm unternehmen; Schwarzenberg zögerte bis zum 26. Nach-
mittags. So war es Napoleon möglich, aus Schlesien mit seinen
Garden — in drei Tagen machten sie 19 Meilen — Dresden zu er-
reichen; „mit lachendem Muth" musterte er seine Schaaren, dann brachen
sie aus allen Thoren hervor; vergebens war das muthigc Anstürmen
der Verbündeten; der andere Tag vollendete ihre Niederlage; sie büßten
25,000 Todte und Verwundete, 18,000 Gefangene ein, ließen über
100 Kanonen, 18 Fahnen im Stich.
Nun schien der Weg gen Böhmen offen; Vandamme eilte, auf der
großen Straße das Gebirge zu übersteigen; er warf Ostermann bei
Peterswalde, er folgte ihm auf dem Wege von Culm; gelang cs,