1867 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
36. Der erste Kampf um Schleswig-Holstein.
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Professoren der Kieler Universität widerlegten in einer gemeinschaft-
lichen Arbeit nachdrücklich die Staatsschrift, die denl offenen Briefe
zur Erhärtung der in bemfelbeu aufgestellten Behauptungen beigegeben
war. Den Erlaß einer constitutionellen Verfassung, die Dänemark
und Schleswig-Holstein umfaßte, hielt man für das beste Mittel, die
Herzen der Schleswig-Holsteiner für die Einheit, die durch die Ver-
fassung selbst für alle Zeiten grundgesetzlich festgestellt werden sollte,
zu gewinnen.
Ehe jedoch dieser Plan zur Ausführung gekommen, starb Chri-
stian Viii., den 20. Januar 1848. Es folgte Friedrich Vii., der
letzte von dem Mannesstamme Friedrichs Iii. Sofort verktindete er
jene, unter seinem Vater vorbereitete, Gesammtftaats-Verfassung.
Hervorgegangen aus den dänischen Regiernngskreisen, rief diese durch die
Absicht, Schleswig-Holstein in eine bleibende Gemeinschaft mit dein
Königreiche zu führen, in den Herzogthümern das stärkste Widerstre-
den hervor, das sich namentlich auf einer Versammlung schleswig'scher
und holsteinischer Ständemitglieder zu Kiel zu erkennen gab. In
Dänemark dagegen fand die sog. eiderdänische Partei, welche Holstein
Deutschland überlassen, dagegen Schleswig desto vollständiger zu dä-
nischem Lande machen, also „Dänemark bis zur Eider" ausdehnen
wollte, die in der Verfassung gegebenen Sicherheiten zur Unterwerfung
Schleswigs noch nicht genügend. So hatte denn die Verfassung, statt
irgendwo Beifall zu erlangen, nur eine allgemeine Aufregung gegen
sich hervorgebracht, als die Kunde von der Pariser Februar-Revolu-
tion allen in Europa vorhandenen Zündstoff in helle Flammen setzte.
Am 18. März vereinigten sich die Ständemitglieder der beiden
Herzogthümer zu Rendsburg, wo gleichzeitig eine große Volksver-
sammlung tagte; eine Gesandtschaft ging nach Kopenhagen ab mit
dem Verlangen einer alsbaldigen Verbindung der Stände von Schles-
wig und Holstein zur Berathung einer gemeinsamen Verfassung für
die Herzogthümer, mit dem Verlangen nach Aufnahme Schleswigs
in den deutschen Bund, mit Forderungen von Preßfreiheit, Bürger-
bewaffnung u. s. w. Inzwischen wußte die eiderdänische Partei durch
den Aufzug einer Masse von mehr als 10,000 Menschen vor dem
königlichen Schlosse (20. März) den König so einzuschüchtern, daß er
sein Ministerium entließ, und der Führer der Partei, Orla Lehmann,
die Seele der Regierung wurde, die sich in den nächsten Tagen bil-
dete. Diese Demonstration beantwortete man in Holstein mit der
Bildung einer provisorischen Regierung, zu welcher der Bruder
des Herzogs von Augustenburg, Prinz Friedrich von Roer, der ehe-
malige Advocat Wilhelm Beseler, der Graf Reventlow-Preetz gehörten
und welcher der Demokrat Theodor Olshausen für einige Zeit bei-
trat. Der Herzog von Augustenburg fand sowohl in Berlin bei Kö-
nig Friedrich Wilhelm Iv. als bei dem damals in liberalem Sinne
neu besetzten Bundestage in Frankfurt bereitwillige Unterstützung.
Die preußischen Truppen sollten durch einen Kampf gegen die Dänen