1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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I. Die Israeliten.
hovah's nicht beobachtet. Jetzt hätte Gott dein Königthum über Israel
bestätigt in Ewigkeit, so aber wird es nicht bestehen, und Jehovah hat
sich einen andern Mann nach seinem Sinne gesucht und ihn geordnet
zum Fürsten über sein Volk." Hieraus verließ Samuel das Lager, und
die frühere Abneigung gegen das Königthum erwachte von Neuem in
seiner Brust; und wenn er auch nicht mehr an die Wiederherstellung der
alten Ordnung denken konnte, in einem Augenblick, da das Land mehr
als je vom Feinde bedroht war, so trug er doch seitdem Groll gegen
Saul, in dessen Verfahren er einen vermessenen Eingriff in die heili-
gen Rechte des Priesterthums erblickte.
Saul und sein tapferer Sohn Jonathan siegten bei Gibea über
die Philister und befreiten Israel von dem schmählichen Joche. Dieser
erfolgreiche Kampf befestigte Saul's Herrschaft. Samuel aber konnte
das eigenmächtige Verfahren und den unfolgsamen Sinn des Königs
nicht vergessen, und sein Groll steigerte sich, als sich Saul in einem
Krieg gegen die Amalekiter einer zweiten Uebertretung des im Auf-
träge Jehovah's ergangenen priestcrlichen Gebotes schuldig machte. Statt
nämlich alles Lebendige, sowohl Menschen als Vieh, „dem Jehovah zu
bannen", verschonte Saul den gefangenen König Agag und einen Theil
der erbeuteten Herden.
Von der Zeit an trat die Entzweiung zwischen der weltlichen und
geistlichen Macht immer mehr hervor. Die Grenzen der beiden höch-
sten Reichsgewalten waren noch nicht so fest gezogen, daß nicht hie und
da Uebergriffe der einen in die andere Statt gefunden hätten. Beson-
ders scheint es Samuel schwer gefallen zu sein, die Machtbefugnisse,
die er in seinen jüngern Jahren geübt, in seinem Alter mit einem
Heerführer zu theilen, dem er nur nach langem Widerstreben eine hö-
here Weihe verliehen. Samuel tritt überall mit gebieterischer Autorität
auf; selbst im Kriege ertheilt er dem Könige Vorschriften und Befehle;
er tobtet mit eigener Hand den Amalekiterfürsten Agag, den Saul ans
Rücksicht auf seine hohe Stellung verschont hatte. Samuel und Saul
sahen sich selten mehr. Jener lebte zu Rama, mit religiösen Dingen
beschäftigt und den Prophetenschulen, die ihm ihre Entstehung oder
ihre belebende Umgestaltung und Erweiterung verdankten, seine Sorge
und Thätigkeit widmend; Saul in Gibea, sowohl ans die Beschützung
des Landes gegen äußere Feinde, als auf die Hebung der innern Wohl-
fahrt bedacht. Er war der Retter Israels in der bedrängtesten Zeit;
er zerbrach das Joch der Philister im Westen und der Ammoniter im
Osten und füllte das Land mit reicher Siegesbcute. Dabei beseelte
ihn ein edler Eifer für die Aufrechthaltung der alten Religion. Er
begünstigte Samuel's Propheten verein, wo Jünglinge zusammenle-
bend sich in der Musik und andern edlen Künsten übten und zum Pro-
phetenamte wissenschaftlich ausbildeten.