1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
Vi. Die Perser.
bis zum mittelländischen und ügäischen Meere erweiterte. Aber die Art,
wie er zum Herrn der Meder wurde, ist sehr verschieden berichtet.
Herodot's Erzählung ist der Hauptsache nach folgende. Astyages, der
König von Medien, hatte keine männliche Nachkommenschaft, sondern
nur eine Tochter Mandane. Diese gab er, durch die Deutung eines
Traumgesichtes geschreckt, keinem Meder zum Weibe, sondern einem vor-
nehmen Perser, Namens Cambyses. Astyages hatte ein zweites Nacht-
gesicht, woraus die Magier, bestimmter als aus dem ersten prophezei-
ten, daß der Sprößling seiner Tochter König werden würde an seiner
Statt. Diesem Schicksale zu entgehen, befahl er, als Mandane den
Cyrus geboren hatte, dem Harpagus, seinem Verwandten und Vertrau-
testen, das Knäblein zu tödten. Harpagus wollte nicht selbst der Henker
sein, sondern übergab es einem Rindcrhirten, daß er es in der Wüste
aussetze und umkommen lasse. Dies verhinderte jedoch die mitleidige
Frau des Hirten, sie überredete ihren Mann, ein todtgebornes Kind,
mit dem sie eben niedergekommcn war, für den Cyrus, der umgekom-
men sei, auszugeben, und diesen an dessen Stelle als ihren Sohn auf-
zuziehen. So wuchs Cyrus bis in sein zehntes Jahr unter den Hirten
auf. Da geschah es, daß er in einem Knabenspiele, wo er von den
Uebrigen znm König gesetzt war, den Sohn eines Edeln mit Geißel-
hieben derb züchtigte, und deßwegen vor den König gestellt ward. Das
Edle und Furchtlose in des Knaben Benehmen und die Aehnlichkeit, die
er in den Zügen entdeckte, ließen den Astyages die Wahrheit ahnen;
der herbeigernfene Rinderhirt, als ihm mit der Folter gedroht ward,
bekannte sie, und auch Harpagus leugnete nicht. Jenen entließ der
König, diesem aber zürnte er so, daß er eine Rache der unmenschlich-
sten Art an ihm nahm. Er lud ihn zum Mahle, ließ ihm das Fleisch
seines eigenen Sohnes vorsetzen, und als der unglückliche Vater sich,
unwissend woran, gesättigt, ihm Kopf, Hände und Füße des Erwürgten
darreichen. Harpagus bewältigte sich; was der König thue, sagte er,
sei wohlgethan; in seinem Herzen aber sann er darauf, dem Astyages
mit nichts Geringerem als mit dem Verluste der Herrschaft zu vergelten.
Jndeß sandte dieser, da die Magier ihm erklärten, durch das Königs-
spiel sei der Traum in Erfüllung gegangen, den Cyrus zu seinen
Eltern nach Pcrsis, wo ihn seine großen Gaben vor Allen auözeichneten
und beliebt machten, während Astyages in Medien wegen seiner Strenge
äußerst verhaßt war. Auf diese Gesinnung baute Harpagus. Er trat
heimlich mit den medischen Großen in Verbindung, und gewann sie für
den Plan, den Astyages vom Thron zu stürzen, und an seine Stelle
den Cyrus zu setzen. Als er diesem so den Weg bereitet, ermunterte
er ihn in einem Briefe — den er, um die Späher zu täuschen, in den
Bauch eines Hasen gelegt — mit seinen Persern vom Mederkönige ab-
zufalleu, und dessen Herrschaft für sich zu nehmen. Genug für den
mächtig emporstrebenden Geist des Cyrus, sogleich die Hand ans Werk
zu legen. Seine Perser für das Wagniß zu stimmen, zeigte er ihnen
wie in einem Bilde, um was es sich handle, und welch einen Gewinn