1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Viii. Die Carthager.
mischen, einer der wichtigsten für Carthago. Die Völker dieses Landes
standen gerade ans einer solchen Stufe der Cultur, daß sie fremde
Maaren zu schätzen wußten, aber noch nicht Kenntnisse genug besaßen,
sie selber zu verfertigen. Wie groß und reich mußte der Markt also
sein, den die Carthager hier für die Erzeugnisse ihres Kunstflcißes fan-
den, da ihre Verbindungen, wie die vielen spanischen Miethtrnppen
in ihren Heeren zeigen, sich über das ganze Land erstreckten? Ich
füge noch hinzu, daß wahrscheinlich über Spanien Carthago auch mit
dem — freilich noch viel rohern — Gallien handelte, da es keine eigene
Colonieen an dessen Küsten hatte, und die Massilier seinen Schiffen
schwerlich ihre Häfen öffneten, oder doch nur unter großen Beschrän-
kungen. Den frühen Verkehr mit Gallien beweisen aber gleichfalls die
zahlreichen gallischen Miethvölker, die schon von den ältesten Zeiten her
in den carthagischcn Heeren fochten, und jene Eifersucht gegen Massilia,
das die Carthager so gerne vernichtet hätten.
Außerhalb der Säulen des Hercules hatten ihnen schon ihre Stamm-
väter, die Phönicier, den Weg gebahnt. Sie nahmen bald Theil an
dem dortigen Handel, und ihre Schifffahrt dorthin ist eine Fortsetzung
der phönicischen.
Die Republik hatte eine Menge Colonieen an dem westlichen spa-
nischen Ufer, und stand in der genauesten Verbindung mit Gades.
Dieser Umstand allein würde schon beweisen, daß ihre Schisse die West-
küste Enropa's nicht nnbcsncht ließen, wenn auch nicht der Zinn- und
B ernst ein Handel, an dem sie Anthcil nahm, dies unwidersprechlich
zeigte.
Wie lebhaft aber der Handel an den britannischen Küsten gewesen
sein muß, erhellt aus der Bemerkung des Strabo, daß die einheimischen
Völkerschaften daselbst durch den langen und vielen Umgang mit den
Fremden mildere Sitten angenommen hätten. Eine Nachricht, die es
allerdings wahrscheinlich macht, daß die Carthager auch Niederlassungen
an den britannischen Küsten gehabt haben, ohne welche ein langer Auf-
enthalt daselbst kaum möglich sein konnte.
Carthago's Schifffahrt an der Westküste von Afrika ist schon
durch seine dortigen Colonieen erwiesen. Es fragt sich nur, wie der
Gang dieser Schifffahrt war, und wie sie ihre dortigen Niederlassungen
nutzten? Die Geschichte läßt uns darüber nicht in Ungewißheit.
Die uns bekannten Pflanzstädte der Carthager, bis zu der Insel
Cerne hinunter, fanden sich sämmtlich an den Küsten von Marokko
und Fez. Die Bestimmung von allen war der Verkehr mit den be-
nachbarten afrikanischen Völkerschaften; allein der Hauptmarkt dieses
Handels war die Insel Cerne. Dort ankerten die carthagischcn Kauf-
fahrteischiffe, um anszuladen; man schlug Gezelte auf der Insel auf und
brachte die Maaren auf kleinen Fahrzeugen ans feste Land. Es wohnte
dort ein dunkles Hirtenvolk, mit langem Haar und von außerordent-
lich schönem Wuchs, das den größten unter sich zum Könige zu machen
pflegte und sehr den Putz liebte. Alle waren geübte Reiter und Bo-