1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Ix. Die Griechen.
wagte sich jedoch hinein, und erst die Flammen des angezündeten Ge-
bäudes trieben den Alcibiades, in seinen Mantel gehüllt und mit dem
Degen bewaffnet, heraus. Furchtsam flohen jene Söldner, aber aus
der Ferne trafen ihre Pfeile.
Thrasybulus stellte sich jetzt an die Spitze von siebenzig Vertriebe-
nen und eroberte Phylä, an der Grenze von Attika und Böotien. Die
Tyrannen, welche ihn hier mit unzureichender Macht angriffen, wurden
geschlagen. Nunmehr glaubte Thrasybulus, er dürfe selbst gegen eine
scheinbar überlegene Macht den Kampf nicht länger vermeiden. Des-
halb besetzte er eiligst Munychia, ordnete die Seinen den tiefer gestellten
Feinden gegenüber, geschickt am Abhange eines Berges, und sagte ihnen:
„Vaterland, Freiheit, Ehre, Güter, Weiber und Kinder, ständen jetzt
auf dem Spiele und wären der Preis des Sieges. So müsse Jeder
kämpfen, als wenn die Entscheidung ganz allein ans ihm beruhe, und
bedenken, daß in solchen Verhältnissen selbst der Tod ein Glück sei.
Auf ihrer Seite wären ja aber die Götter und das Recht, denen könne
Niemand widerstehen." Durch diese Worte noch mehr befeuert, siegten
die Verbündeten über ihre angreifendcn Gegner, Kritias ward getödtet
und der Piräus genommen. Die Dreißig wurden verlassen und flohen
nach Eleusis, in Athen ging jetzt die Wahl von zehn, den Dreißig frü-
her feindlich gesinnten Männern durch, und man vertraute ihnen in der
natürlichen Hoffnung den Oberbefehl an, daß sie den Vertriebenen gün-
stig sein und eine Aussöhnung bewirken würden. Allein es ergab sich
unerwartet, daß nicht innere Tugend, sondern übertriebene Herrschsucht
jene zu Widersachern der Dreißig gemacht hatte, denn sie verfuhren
gleich feindlich gegen die Letztem und gegen die Vertriebenen, sie woll-
ten, ohne Rücksicht auf Recht oder Unrecht, ohne Scham über den Wi-
derspruch in ihrem Betragen, die Herrschaft für sich gewinnen; — ja,
Phidon, einer von ihnen, eilte sogar nach Sparta und bat dringend
uin Unterstützung, damit, wie er sagte, die Böotier Athen nicht in ihre
Gewalt bekämen. Die Spartaner entschlossen sich, am Feldzüge Theil
zu nehmen und ernannten, dem ausdrücklichen Verlangen der athenischen
Häupter gemäß, Ly fand er zum Anführer. Dieser sperrte den Piräus
mit der spartanischen Flotte, wodurch unter den Vertriebenen drücken-
der Mangel an Lebensmitteln entstand. Ihre Gegner in Athen und
Eleusis erhielten dadurch neuen Muth, und die Unternehmung Thrasy-
bulus' schien wirklich zu scheitern, als auf einmal, gegen Lysander's
Erwartung, auch König Pausanias mit Heeresmacht und zwei ihm gün-
stig gesinnten Ephoren anlangte und gegen die Vertriebenen auf eine
solche Weise focht, daß man wohl sah, er wolle ihren Untergang nicht.
Lysander's Stolz hatte die Könige beleidigt, sie sahen ein, daß er ihre
Macht vernichte, und durch seine Verbindungen ganz Hellas willkührlich
beherrsche. Deshalb nahm Pausanias die Gesandten der Bürger und
der Vertriebenen günstig auf, überzeugte sich von den Freveln der Drei-
ßig und vermittelte den Frieden dahin: die Regierung der Dreißig und
der zehn Männer wird abgeschafft und die Volksherrschaft wieder ein-