1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
112. Der Einfall der Celtcn in Maccdonien und Griechenland. 427
aus drei Horden; die erste wurde von Cerethrius geführt, die zweite
von Brennus und Acichorius, die dritte von Bolgiuö oder Belgius,
welcher 280 in Maccdonien einbrach. Hier herrschte Ptolemäus Ce-
raunus; dieser, statt zu warten, bis die wilde Hitze der Barbaren ver-
raucht wäre und sie einstweilen bei günstiger Gelegenheit aus sicherem
Verstecke und Hiuterhalte zu bekämpfen, stellte sich sogleich in offener
Feldschlacht dem überlegenen Feinde entgegen. Durch ähnliche Schuld,
wie vordem die Römer am Flusse Allia, wurde er mit dem Kerne sei-
nes Heeres erschlagen. Was übrig blieb, rettete sich in die Städte.
Macedonien mußte volleudö eine Beute der Gallier werden, wenn die-
selben ihren Sieg schnell zu benutzen verstanden. Denn keine Armee
war mehr auf den Beinen; Verwirrung nahm überhand aus Mangel
eines Herrschers und der Vielheit derer, welche, selbst in der allgemei-
nen Noth dem Ehrgeize nicht entsagend, um deu Thron stritten. Zum
Glücke dachten die Sieger nur au Plünderungen, indem sie das Land
von allen Seiten durchzogen, ohne sich bei Belagerungen aufzuhalten.
Daher gewannen die Macedonier Zeit, die nöthigen Vertheidigungsmaß-
regeln zu ergreifen, so viel unter den damaligen Verhältnissen mög-
lich war.
Endlich trat im vierten Monate nach der großen Niederlage Sosthe-
ues, zwar von niederem Stande aber durch große Kriegstugenden aus-
gezeichnet, an die Spitze der noch übrigen Streitkräste von Maccdonien.
Wenn er auch sein Vaterland durch eine Niederlage der Gallier, welche
sich den größten Ausschweifungen überließen, vom völligen Untergange
rettete, so war er doch 279 nicht im Stande, einen neuen Andrang
derselben unter Brennus und Acichorius, welcher durch Belgius' aufäug-
liches Glück veranlaßt war, aufzuhalten.
Die ganze Masse der Gallier, deren Kriegsmacht 70,000 oder
höchstens 80,000 Mann betrug, durchzog verwüstend das schon vorher
völlig ausgesogene Macedonien und warf sich auf Hellas, das ihre bestia-
lische Wuth noch nicht empfunden hatte, nach den gepriesenen Schätzen
der Tempel lüstern, besonders aber angelockt durch das blinde Gerücht,
daß in Delphi unermeßliches Gold und Silber aufgehäuft wäre. Un-
geachtet des schweren Druckes, unter welchem Griechenland so lange
geschmachtet hatte, traten doch mehrere Völkerschaften bei der allgemeinen
Gefahr zur Vertheidigung des Vaterlandes zusammen. Das ganze
Heer der Griechen, die Hülfstruppen mitgerechnet, betrug beinahe 30,000
Mann, das Werk einer großen Anstrengung, wenn man erwägt, daß
nur der größte Theil von Mittelgriechenland, wo überdies noch manche
Städte nicht frei waren, gegen die Gallier aufstand. Denn die Pelo-
ponnesier blieben ruhig, einige wegen des noch fortdauernden Druckes
und Unvermögens, andere wegen Uneinigkeit im Innern oder weil nach
ihren Begriffen das Vaterland am Isthmus seine Grenze hatte.
Das griechische Heer besetzte die Thermopylen und versuchte durch
seine Vorposten vergebens, dem anrückenden Feinde den Uebergang über
den Spercheus streitig zu machen. Ein Theil der Gallier durchschwamm