1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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X. Die makedonischen Reiche.
läge endigt. In die allgemeine Verwirrung wurde Acichorius, der auf
dem Wege hinzu kam, verwickelt; er war übel zugerichtct durch die un-
ausgesetzten Neckereien der Aetoler, welche nun mit ihren übrigen Lands-
leuten, den Phoeiern und Lokrern vereinigt den Flüchtlingen bis jen-
seits der Thermopylen nachsetzten. Je weiter man gelangte, desto stärker
wurde die Zahl der Verfolger; was sich vorhin furchtsam verkrochen
hatte, kam jetzt hervor und suchte den Galliern Abbruch zu thun, bis
sie Griechenlands Grenzen überschritten, nachdem nicht weniger von
ihnen durch Mangel und Entbehrung jeder Art, als durch das Schwert
umgekommen waren. Welche dem Unglücke entrannen, retteten sich zu
ihren Landsleuten, welche in oder nördlich von Macedonien herumschweif-
ten. Von diesen blieben die einen in Thracien, wo ein gallischer Staat
gegründet wurde, Macedonien noch weiter beunruhigend; dorther erhiel-
ten die Fürsten dieses Landes viele Söldner; die übrigen ergossen sich
über Klein-Asien. So endigte diese Invasion, welche Vernichtung drohte,
zum Ruhme der Griechen.
113. Der ätolische Sund.
(Nach Joh. Gust. Droysen, Geschichte des Hellenismus, und G. F.schocmann,
griechische Staatsalterthümer.)
Die einzige Macht in Griechenland, die um die Zeit des Gallier-
einfalls eine selbständige Bedeutung hat, ist die der Aetoler. Ihre
Kraft ist es, ein rohes, frisches, gleichsam erst beginnendes Volk zu sein;
während die anderen Staaten eine lange Reihe von historischen Ent-
wicklungen hinter sich haben, mit politischen Theorien experimentirt, mit
immer neuen Mißbräuchen und deren Abstellung sich abgeschwächt ha-
den und nun endlich in ihrer kläglichen Gegenwart nichts als einen Wust
von Trümmern aus nahen und fernen, guten und üblen Zeiten besitzen,
ist dieses Aetolervolk in der rohen Freiheit jener Urzeit, da das Recht
noch reichte, so weit das Schwert reicht, und der ehrliche Raub zur See
und zu Lande des wackeren Mannes Gewerbe war. Bei den Aetolern
war weder der Doricrzug eingedrungen, die alte Stammversassung zu
durchreißen und einen streng gefugten Heerstaat zu gründen, noch hatte
die spätere Zeit Colonieen an ihre Küste geführt; sie blieben den übri-
gen Hellenen fern; die Jahrhunderte, in denen sich Griechenland hoch
und höher entwickelte, waren spurlos an ihnen vorübergegangen. Uralt
mag der Bund dieser Gaue sein; aber wie locker er gewesen sein muß,
ergibt sich daraus, daß an Alexander nach der Zerstörung Thebens die
einzelnen Gaue ihre Gesandtschaften sandten. Erst in den Wirren der
nächstfolgenden Zeit begann der Bund als solcher hervorzutreten; die
alte Fehdelust, die Raub- und Stegreifzüge einzelner Häuptlinge oder
Gaue, das trotzige Gefühl roher Ueberlegenheit ließ bald diesen Bund
als einen förmlichen und organisirten Raubstaat erscheinen; in Thermum