1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
173. Der letzte Krieg gegen Mithridates. 669
den Feinde auf Unkosten der schönsten Theile seines Reiches immer
auszuweichen suchte, so wurde doch feine gesammte Reiterei auf gerieben,
und Lucullus, der schleunige Kunde davon erhielt, benutzte die im Ge-
müthe des Königs und im ganzen Heere entstandene Bestürzung, so daß
er die Niederlage des Gegners durch einen raschen Angriff vollendete.
Bald sah Mithridates sich genöthigt, mit einer kleinen Reiterschaar, die
er auf der Flucht gesammelt, die äußerste Grenze seines Reiches zu
überschreiten und in Armenien, bei seinem Schwiegersöhne Tigraues,
Schutz zu suchen.
Bei der von früherher zwischen Rom und Armenien obwaltenden Span-
nung war die Aufnahme des flüchtigen Königs hinreichend, auch gegen
dieses Reich vorzugehen. Lucullus begann diesen Krieg mit Arme-
nien auf eigene Hand und Verantwortung. Sein Heer war aber schon
durch die Länge und Beschwerden des poutischen Krieges nicht allein
an Zahl stark vermindert, sondern auch in einer an Meuterei grenzen-
den Mißstimmung über die endlose Fortdauer seiner Mühseligkeiten,
ohne daß ihm dabei die gewöhnliche Zeit zum Ausruhen, noch die ge-
hoffte Erlaubniß zum Plündern gegeben wurde. Der Befehlshaber
dagegen war im Feldlager das gerade Gegentheil von dem, was er da-
heim zu sein pflegte, wo er mit seinen wissenschaftlichen Freunden und
Freudegenossen im Uebermaß der Ueppigkeit zu schwelgen gewohnt war.
In den brennenden Sandsteppen und auf den schneebedeckten Gebirgen
Asiens übertraf er in Nüchternheit und Ausdauer die ältesten seiner Krieger.
Leider vermochte sein Beispiel nicht das früher durch schlechte Mannö-
zucht verdorbene Heer '¿it begeistern für die großartigen Pläne des Feld-
herrn, die der gemeine Mann zu würdigen nicht im Staude war.
Lucullus überschritt im Jahre 69 v. Chr. mit nur 15,000 Strei-
tern den obern Euphrat und belagerte die feindliche Hauptstadt Tigra-
nocerta. Der König von Armenien rückte an der Spitze von angeb-
lich 100,000 Manu selbst ins Feld, um seine bedrohte Hauptstadt zu
retten. Der römische Feldherr ließ 5000 Mann davor zurück und zog
mit seiner übrigen Streitkraft dem Tigranes entgegen, über deren, ge-
gen sein Heer so geringe Zahl derselbe sich spöttisch geäußert haben
soll, daß sie für eine Gesandtschaft zu viele, für ein Heer zu wenige
seien. Aber die 10,000 Römer erfochten nach einem zweitägigen Kampfe
und Gemetzel einen glänzenden Sieg über die 100,000 Barbaren, deren
übermüthiger König nur mit Noth in die Gebirge entkam. Mit dieser
Entscheidungsschlacht ging natürlich auch die belagerte Hauptstadt ver-
loren, die sich dem Sieger alsbald ergab. Die darin Vorgefundenen
Reichthümer waren so ungeheuer, daß sie zur Deckung der Kriegskosten
genügten. Der Kriegsruhm des Lucullus verbreitete sich bald, wie ein
laufendes Feuer, durch den ganzen Osten; es kamen Gesandtschaften
der Araber, Juden, Phönicier und vieler anderer Völker von den Kü-
sten des mittelländischen Meeres bis an die Ufer des Tigris, vom
rothen Meere bis an den Fuß der armenischen Berge, um dem Sieger