1861 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Xi. Die Römer.
Probus auf den Thron erhoben worden, ein Landsmann Aurelian's.
Den Soldaten hatte er gleich bei seiner Wahl gesagt, sie würden in
ihm keinen Schmeichler finden, und er hielt Wort. Unter harter Dis-
ciplin führte er sie zu jenen ungeheuren Siegen, welche Gallien von
den Germanen säuberten und 400,000 Barbaren das Leben kosteten.
Doch die Grundbedingung der Sicherheit Noms, die Unterwerfung ganz
Germaniens, blieb trotz der klaren Einsicht des Probus unerfüllt. Der
große Fürst, den man für einen ausschließlichen Soldatenkaiser halten
sollte, hegte ein Ideal ganz anderer Art, nämlich, daß nach gänzlicher
Besiegung oder Schwächung der barbarischen Völker der römische Staat
keiner Soldaten mehr bedürfen, daß ein Zeitalter des Friedens beginnen
sollte. Solche Aeußerungen drangen bis zu den Soldaten, die schon
unwillig darüber waren, daß der Kaiser sie auch außerhalb des Krieges
zur Anlage von Straßen, Canälen, Weinbergen anhielt. In seiner
Heimat, beim Canalban von Sirmium, tödteten sie ihn.
Kaum war der schon bejahrte Gardepräfect Carus mit dem Pur-
pur bekleidet, als er seinen ältern Sohn, den Wüstling Carinus, zum
Mitregenten ernannte und mit seinem jüngern, bessern Sohne Nume-
rian us zur Vollendung des sarmatischen und zur Wiederaufnahme des
persischen Krieges aufbrach; beide starben im Orient unter geheimniß-
vollen Umständen, worauf Generale und Officiere den Feldherrn Dio-
clctian zum Kaiser proclamirten. Carinus fiel als Opfer persönlicher
Feindschaft, die er sich durch seine Ausschweifungen zugezogen hatte.
194. Diocletianns.
(Nach Jac. Burckhardt, die Zeit Constantin's des Großen, zum Theil bearbeitet
vom Herausgeber)
Von ihrer Heimat, dem kleinen Dioclea, unweit Cattaro, hatten
Mutter und Sohn ihren Namen erhalten; nur nannte sich jetzt Dio-
cles „der Zeusberühmte", den Römern zu Liebe mit vollerer Endung
Diocletianus, ohne deßhalb die Beziehung auf den höchsten der
Götter aufzugeben, au welchen auch sein neuer lateinischer Beiname,
Iovius, erinnert.
Die Erfahrung des letzten Jahrzehntes hatte gezeigt, daß auch die
tüchtigsten Regenten, die Retter des Reiches, dem gemeinen verrätheri-
scheu Mord und dem Soldatenaufruhr unterliegen mußten. Auf die
Länge wäre unausbleiblich ein Zustand wie zur Zeit des Gallienus
und der dreißig Tyrannen wieder cingetreten, wozu es im Jahre 285
schon allen Anschein hatte, und das Reich wäre von Neuem in Stücke
gegangen, vielleicht auf immer. Diocletian ergriff das wahre Gegen-
mittel; er umgab sich mit Nachfolgern und Mitregenten. Damit war
der Usurpation des Ehrgeizes Ziel und Zweck verrückt, dem Lagerauf-
ruhr der Erfolg sehr erschwert. Denn wenn bloß Einer der Kaiser