1838 -
Lüneburg
: Herold und Wahlstab
- Autor: Havemann, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1838
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Lüneburg
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Braunschweig/Hannover
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Sechstes Kapitel.
Fulda 1190 erfolgte Versöhnung Heinrichs des Löwen mit König Hein-
rich dadurch ausgeglichen, daß ersterer die Rückgabe von Holstein und halb
Lübeck an Graf Adolph Ii. verhieß, und seinen ältesten Sohn zur Beglei-
tung des Königs nach Italien aufbrechen ließ. Kaum war der junge
Heinrich mit dem Könige, der nach dem Tode feines Vaters als Hein-
rich Vi. über Deutschland herrschte, in das südliche Italien gekommen, als
er, überzeugt, daß der Staufe keinesweges den alten Haß gegen sein Haus
abgelegt habe, heimlich den Süden verließ und in fremder Tracht über
Ungarn nach Braunschwcig zurückeilte. Zornig begab sich der Kaiser 1191
in's Reich, bemächtigte sich der Güter des in eben diesem Jahre gestorbe-
nen Welf Vi. und rüstete sich gegen Braunschweig. Von Lafferde aus
befehdeten die Bischöfe von Hildesheim und Halbecstadt 1192 die welsi-
schen Vasallen, von denen einzelne treulos den Herrn verließen; dafür traf
sie des Löwen Rache, der ihre Burgen brach und ihre Güter einzog. Jetzt
kehrte auch Graf Adolph Ii. von Holstein von seiner Pilgerfahrt heim.
Unterweges hörte er, wie der Welfe sich seines Landes bemächtigt und alle
Straßen dahin verlegt habe. Dennoch gelang es ihm, 1193 durch Unter-
stützung des Herzogs Bernhard von Sachsen nach Holstein zu gelangen;
bald war das schöne Lehen wieder in seinen Händen, und selbst Lübeck ge-
zwungen, ihm die Thore zu öffnen. Nur Braunschweig, Lüneburg und
Lauenburg waren dem alternden Heinreich dem Löwen noch geblieben, der
in Dankwardbrode traurig des früheren Glückes und der geschwundenen
Größe gedachte; nur auf den Söhnen ruhte sein Trost, als auch dieser
ihm genommen werden sollte. König Richard von England, der Bruder
Mathildens, dem wegen seines Edelsinnes und seiner ritterlichen Kühnheit
die Mitwelt den Beinamen Löwenherz gab, war auf der Heimreise vom
gelobten Lande von Herzog Leopold von Oesterreich ergriffen und von die-
sem seinem Todfeinde, dem Kaiser Heinrich Vi., übergeben. Zwei Jahre
schmachtete der König in enger Haft, bis ihn gegen eine bedeutende Löse-
summe und die Stellung von Geißeln die Freiheit zu Theil wurde. Unter
den Bürgen des Königs befanden sich auch seine beiden Neffen, Otto und
Wilhelm, die jüngeren Söhne Heinrichs des Löwen, der jetzt einsam auf
dem Schlosse in Braunschweig seinem Ende entgegen sah.
In dieser Zeit geschah endlich die Aussöhnung des langjährigen Zwi-
stes zwischen den Häusern Welf und Staufen auf folgende Weise. Agnes,
die Erbtochter des Pfalzgrafen Konrad am Rhein, eines jüngeren Bruders cv
yott Kaiser Friedrich I., war als zartes Kind mit Heinrich, dem ältesten
tlohne des Löwen, verlobt gewesen. Doch hatte sich dieses Verhältniß, in
Folge der Aechtung des letzteren, so weit ausgelöst, daß Pfalzgraf Konrad
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