1838 -
Lüneburg
: Herold und Wahlstab
- Autor: Havemann, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1838
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Lüneburg
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Braunschweig/Hannover
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
38
Erstes Buch. Zweiter Abschnitt.
ten sie die Aufgabe ihres Lebens, weil mit der Armuth die frühere Sitten-
reinheit geschwunden war.
Als erster Bischof zu Hildesheim, wohin 815 durch Ludwig den
Frommen das von Karl dem Großen zu Elze gestiftete Bisthum verlegt
wurde, wird uns Günther genannt. Walbert, einer feiner Nachfolger im
Anfänge des zehnten Jahrhunderts, überwies den dritten Theil feiner Ein-
künfte der Stiftsgeistlichkeit, und bewirkte dadurch, daß die letztere, welche
wir spater mit dem Namen Domherren bezeichnet finden, die frühere
Einfachheit des Lebens bald aufgab und im Besitze eines sich ungewöhn-
lich mehrenden Reichthums häufig dem Vorsteher des Bisthums zu trotzen
wagte. Vornehmlich ist es der heilige Bernward, welchem das Stift Hil-
desheim feinen Glanz verdankt. Er war ein Graf von Sommerfchenburg,
und übte als Erzieher und Vertrauter Otto's Iii. den wichtigsten Einfluß
in allen Angelegenheiten des Reiches aus. Wahrend seiner Regierung von
993 bis 1022 erwarb das Bistbum Bevorrechtigungen der verschiedensten
Art. Bernward war nicht nur ein treuer Hirt feiner Gemeine, der das
müssige Wohlleben verachtete und den Dienst am Altar und im Gerichte
mit Gewissenhaftigkeit ausübte, sondern er zeichnete sich auch durch Ge-
lehrsamkeit und eine seltene Liebe für die Kunst aus. Er war der erste
deutsche Künstler seiner Zeit im Guß der Metalle und der von ihm ver-
fertigte Kronleuchter, so wie die mit reichem Bildwerke versehenen Flügel-
thüren in der Domkirche zu Hildesheim, geben einen hinlänglichen Beleg
von seiner Thatigkeit und seinem Geschmack. Deßhalb zogen aus einem
großen Theile von Sachsen die Söhne der Edlen an den Hof Bernwards,
um daselbst feinere Bildung zu erwerben. Sein Nachfolger Godehard
wurde gleich ihm heilig gesprochen, weil er mit Treue und Aufopferung
seinem kirchlichen Berufe Vorstand. In gleichem Grade, als diese Männer
aus die Dankbarkeit ihrer Mit- und Nachwelt bauen konnten, entfernten
sich die Domherren immer mehr von dem ihnen angewiesenen Stand-
punkte, indem sie in dem Genuß ihrer Pfründen des Kirchendienstes ver-
gaßen, und solchen bald nur durch untere Priester besorgen ließen. Bischof
Hezilo (1054 —1079), welcher die niedergebrannte Domkirche prächtig wie-
der aufbaute, mochte weniger an Kenntnissen, als an Demuth und stiller
Tugend, dem Bernward und Godehard nachstehen. Ihn beherrschten
Stolz und Herrschgier. Uns wird erzählt, daß Hezilo, als er 1063 mit
vielen weltlichen und geistlichen Fürsten des Reiches im Dome zu Goslar
sich bei Heinrich Iv. einfand, mit dem Abte Widerad von Fulda so heftig
um den Vorsitz haderte, daß er feinen Gegner endlich durch gewaffnete
Diener aus dem Heiligthume vertreiben ließ. Ein heftiger Kampf entspann