1838 -
Lüneburg
: Herold und Wahlstab
- Autor: Havemann, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1838
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Lüneburg
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Braunschweig/Hannover
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Erstes Buch. Dritter Abschnitt.
Herren überging. Immer entschiedener bildete sich das Ringen nach Unab-
hängigkeit aus. Weil nun das Oberhaupt des Reiches nicht immer die
erforderlichen Mittel besaß, um die Gesetze für die Erhaltung des Friedens
au recht zu erhalten, der Landesherr aber nicht selten sich mit der Ritter-
schaft vereinigte, um den Aufschwung der Bürger zu unterdrücken und ih-
ren Handel zu schmälern, kamen die Städte des nördlichen Deutschlands
denen in Schwaben, am Rhein und an der Donau nach und gingen un-
ter einander einen Verband ein, welcher den gegenseitigen Schutz bezweckte.
Auf diese Weise entstand der übermächtige Bund der Hanse, welchem sich
die meisten Städte zwischen der Elbe und Weser anschlossen und dessen
Sitz in Lübeck war. Durch eine solche Vereinigung gewannen auch die
kleineren Städte die Mittel, sich vor Beeinträchtigungen von Seiten des
Fürsten oder des Herrnstandes zu schützen. Seitdem wurde der städtische
Handel mit größerem Erfolge als zuvor betrieben; Jahrmärkte wurden
mit Bewilligung der Fürsten gegründet: der Gewerbfleiß innerhalb der
schützenden Ringmauern wuchs, und mit ihm die Kraft des Widerstandes.
Sonach gelangten einzelne Städte, wie Braunfchweig, Eimbeck und Göt-
tingen zu einem bedeutenden Wohlstände. In Lüneburg trug hierzu vor-
nehmlich der Ertrag der Saline bei, über deren Betreibung eine Anzahl
städtischer Beamte wachte. Mochte auch ein großer Theil des hieraus
fließenden Gewinnstes für Klöster und Stifter in das Ausland wandern,
so blieb doch der Vortheil, welchen das Gemeinwesen aus den Salzquellen
bezog, immer sehr beträchtlich. Daß von der andern Seite bei dem sich
mehrenden Reichthum und dem Haschen nach sinnlichen Genüssen der
Luxus um sich griff und man sich einem Aufwands hingab, der gegen die
frühere Einfachheit sonderbar abstach, müssen wir begreiflich finden. Um-
sonst suchte man durch polizeiliche Verfügungen für Kleidung und Tisch
ein gewisses Maaß zu bieten. Das fröhliche, derbe Leben ließ sich nicht
beschränken; man wollte sich der erworbenen Habe auf alle Weise erfreuen.
In Braunschweig, Lüneburg, Goslar, Hannover, Göttingen und
Eimbeck war die Bevölkerung in zwei Theile gesondert, in jene bevorrech-
tigten Patricier oder Geschlechter, und in die Gemeine. Erstere zeichneten
sich durch Reichthum und ritterliches Auftreten aus; sie waren es, aus de-
nen fast ausschließlich der Rath besetzt wurde; viele in der Nähe der
Stadt liegende Schlösser und Burgen befanden sich in ihren Händen.
Nirgends zeigen sich diese Geschlechter einflußreicher als in Braunschweig,
wo deren Mitglieder sich durch Kleidung und Bewaffnung von dem ge-
meinen Bürger unterschieden. Unter dem Namen der Lilien-Vente
hatten sie daselbst eine mächtige Verbindung geschlossen, welche in mehr als