1838 -
Lüneburg
: Herold und Wahlstab
- Autor: Havemann, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1838
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Lüneburg
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Braunschweig/Hannover
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Erstes Buch. Fünfter Abschnitt.
Lehre nur mit Mühe vor groben Mißhandlungen geschützt wurden. Den-
noch mehrte sich die Zahl der Freunde des Evangeliums auf eine wunder-
bare Weise, und bei mehr als einer Gelegenheit gab sich kund, daß der grö-
ßere Theil der Bürgerschaft von dem Verlangen nach öffentlicher Verbrei-
tung der von Wittenberg ausgegangenen Glaubenssätze beseelt sei. Als
nothwendige Folge hiervon ergab sich ein Zerwürfniß zwischen der Gemeine
und dem dem Bischöfe zugethanen Rath, bis 1542 Anhänger des Luther-
thums zu Vorstehern der Stadt erkoren wurden. Doch konnten sie durch
eine Sendung zu dem damals mit der Belagerung Wolfenbüttels beschäf-
tigten Landgrafen Philipp von Hessen nicht erreichen, daß dieser die Ein-
führung der Reformation unterstützte. Als aber, in Folge der Ueberredung
einzelner hansischen Bundesstädte, die Gemeine sich bereit erklärte, dem
schmalkaldischen Bündnisse beizutreten, wurden die letzten Hindernisse besei-
tigt und die Protestanten in Besitz einer Kirche gesetzt, in welcher der von
Braunschweig erschienene Johann Bugenhagen öffentlich die bis dahin un-
terdrückte Lehre vortrug. Kaum daß die Protestanten auf solche Weise den
Sieg errungen sahen, als sie unedel auf Rache wegen so mancher von der
Gegenpartei erduldeten Kränkung sannen. Die eifernden Prädicanten nähr-
ten, statt Versöhnung zu vermitteln, die Erbitterung. Bald wurden sämmt-
liche katholische Mitglieder aus dem Rathe gestoßen, und der bischöflichen
Geistlichkeit der öffentliche Gottesdienst untersagt, dann dieselbe zum Theil
aus der Stadt entfernt. Im unwürdigen Spott verhöhnte man Heiligen-
bilder und einst gefeierte Feste. Keine Bemühung des Bischofs Valentin
konnte eine Ausgleichung herbeiführen. Erst 1562 vereinigte sich die in
ihrem Glauben gespaltene Bevölkerung Hildesheims dahin, daß beiden
Confessionen die freie Ausübung ihrer Religion gestattet sein solle.
Auch in den Fürstenthümern Calenberg und Oberwald fand die Re-
formation bald Anklang, besonders bei den unteren Ständen, welche durch
Handel und Verkehr schnell mit den ergreifenden Gesängen Luthers vertraut
wurden. Selbst in den dortigen Klöstern erhoben sich seit 1525 Eiferer
gegen die bisher befolgten Satzungen, und es wurde die deutsche Bibelüber-
setzung von Haus zu Haus verbreitet. Ob auch die 1528 in Göttingen
auftretenden Prädicanten die Stadt noch ein Mal wieder verlassen mußten,
so sah sich doch schon im folgenden Jahre der dortige Rath genöthigt, den
Freunden der Reformation ein Gotteshaus einzuräumen und der neuen
Lehre die allgemeine Einführung zu gestatten. Wie in Hildesheim, so
zeigte auch hier die Bürgerschaft eine unbillige Härte gegen die Andersden-
kenden. Herzog Erich der Aeltere setzte der 1530 in Göttingen angenom-
menen Reformation keinerlei Hinderniß entgegen, und die Mönche verlie-