1855 -
Langensalza
: Schulbuchh. des Th[üringer] L[ehrer]v[ereins]
- Autor: Prätorius, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Rudolph Ii.
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Protestanten in Lutheraner und Kalvinisten, indem letztere als Lehrnorm den
auf Befehl des Kurfürsten Friedrich Iii. von der Pfalz verfaßten Heidel-
berger Katechismus annahmen, während jene die augsburgische
Confession festhielten. Die Spannung der Gemüther wurde vergrößert
durch die katholischen Fürsten, welche, auf den Rath der Jesuiten, anfingen,
die protestantischen Unterthanen wieder zum alten Glauben zurück zu führen,
oder wenn sie sich deß weigerten, sie aus dem Lande zu weisen. Zwar
hatten sie hierzu nach dem augsburger Religionsfrieden das Recht, aber
dennoch ward es immer als ein Zeichen der Feindschaft gegen die andere
Parthei angesehen. In Frankreich war schon früher gegen die Reformirten
mit Feuer und Schwert gewüthet worden. In der Nacht vom 23. auf
den 24. August 1572 waren dieselben auf Anstiften der verwittweten
Königin Katharina und auf Befehl ihres Sohnes, des Königs Karl Ix.,
in der Stadt Paris und in den Provinzen plötzlich überfallen und zu
vielen Tausenden meuchlings ermordet worden. Der König ftlbst soll
damals aus den Fenstern seines Palastes auf die Unglücklichen geschossen
haben, welche sich durch Schwimmen über die Seine zu retten suchten.
Das war die Bartholomäusnacht, in welcher mehr als 30,000
umkamen! — In den Niederlanden aber hatte der Herzog Alba nicht
weniger grausam gewaltet; rühmte er sich doch selbst, daß er dort gegen
18,000 Menschen durch's Schwert habe hinrichten lassen. Noch immer
waren spanische Kriegsvölker dort, die selbst in die benachbarten deutschen
Gebiete drangen und dieselben ausplünderten.
In Köln regierte der Kurfürst Gebhard Truchseß von Wald-
burg. Der hatte sich in die schöne Gräfin Agnes von Mansfeld,
welche Kanonisin in dem Stifte Gerresheim war, verliebt, und da ihre
Brüder verlangten, sich öffentlich mit ihr zu vermählen, Kat er zum re-
formirten Glauben über und ließ sich mit ihr trauen 1583. Aber das
Domkapitel nahm ihm dieses sehr übel und wandte sich klagend an den
Papst und an den Kaiser, und bald folgten Bannfluch und Reichsacht.
Der neu erwählte Kurfürst Ernst von Baiern kam mit bairischen
und spanischen Truppen und jagte den Gebhard aus seinem Lande. Der
floh zuerst nach den Niederlanden, später begab er sich nach Straßburg,
wo er Domdechant war, und starb dort 1601. Die protestantischen
Fürsten aber blieben bei all' diesem ruhig, blos der Pfalzgraf Johann
Kasimir rückte vor Köln und schloß die Stadt eine Zeit lang ein,
konnte aber allein nichts ausrichten. — In der Pfalz wechselte die Re-
ligio binnen 60 Jahren dreimal oder gar fünfmal. Erst war das