1855 -
Langensalza
: Schulbuchh. des Th[üringer] L[ehrer]v[ereins]
- Autor: Prätorius, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
240 Erster Abschn. Von der Rcformarion b>s auf dcn wcstphälischc'n Frieden.
welche die Ausländer gebracht hatten, verdorben. Französisches Geplapper
galt für vornehmer, als die deutsche Sprache, und selbst die Gelehrten
fingen an, französisch zu schreiben oder doch ihre Schriften mit einer Un-
zahl fremder Wörter zu verunstalten.
Bei alledem arbeitete sich das deutsche Volk in kurzer Zeit wieder
empor, die blutgedüngteu Gefilde wurden bald wieder angebcuit und trugen
so reichlich, daß ihre Erzeugnisse nicht alle verzehrt werden konnten, bis
die Bevölkerung sich allmählich wieder mehrte. Kirchen- und Schulwesen
ward von neuem geordnet und geregelt und zeigte bald seinen wohl-
thätigen Einfluß. Nur die Städte vermochten sich nicht so schnell wieder
empor zu heben. Sie hatten durch den veränderten Welthandel und
durch den Krieg allzusehr gelitten. Viele, die sonst blühend waren, lagen
in der Asche; es fehlte an Menschen, sie aufzubauen, und die Gewerbe
lagen wegen Mangel an Arbeitern gänzlich darnieder. Die geldarme
Zeit war aus Mäßigkeit hinsichtlich der künstlichen und unnöthigen Be-
dürfnisse hingewiesen. Viele Städte mußten sich daher den Fürsten unter-
werfen, und die wenigen noch übrigen freien Reichsstädte konnten sich nur
dürftig behaupten, bis auch sie, bis auf Frankfurt a/M., Hamburg, Lübeck
und Bremen, in der neuesten Zeit ihre Unmittelbarkeit verloren.
Der Kaiser Ferdinand Iii. regierte noch in Ruhe neun Jahre lang
nach dem westphälischen Frieden. Die Fürsten hatten seinen Sohn
Ferdinand zum römischen Könige erwählt, aller Augen waren mit
freudiger Hoffnung auf diesen jungen, kräftigen Mann gerichtet; aber schon
1654 starb derselbe an den Blattern. Da warb der Vater für seinen
zweiten Sohn Leopold, der mit weniger vorzüglichen Anlagen begabt
war; doch bevor er seine Wünsche erfüllt sah, starb der Kaiser den
2. April 1657.