1855 -
Langensalza
: Schulbuchh. des Th[üringer] L[ehrer]v[ereins]
- Autor: Prätorius, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Joseph ü.
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schlossen, ohne weitere Veranlassung, Rußland, Oestreich und Preußen
einen Vertrag, worin sie Polen unter sich Heilten. König Stanislaus
behielt nur einen kleinen Rest des Landes und war gänzlich abhängig
von jenen drei Mächten. Maria Theresia schrieb zwar ihrem Minister,
dem Fürsten Kaunitz: „sie schäme sich wegen dieser Sache, wo für eitlen
Landbesitz die Ehre in die Schanze geschlagen werde, sich vor der Welt
sehen zu lassen"; doch rückten ihre Truppen ebensowohl wie die russischen
und preußischen in Polen ein, um ihren Landesantheil in Besitz zu neh-
men. Später ward noch mehremal an Polen getheilt und zwar so lange,
bis nichts mehr von ihm zu vertheilen da war.
Bald hernach (1777) starb der Kurfürst Maximilian Joseph von
Baiern ohne Kinder. Da suchte der Kaiser Joseph alte Ansprüche her-
vor, rückte rasch mit einem Heere in Baiern ein und besetzte es; der
nächste Erbe dieses Landes aber, der Kurfürst Karl Theodor von der
Pfalz, ließ sich cinschüchtern und unterschrieb einen Vergleich, nach welchen!
er zwei Drittheile von Baiern an das Haus Oestreich abtrat, um nur
ein Drittel davon zu behalten. Friedrich Ii. war hiermit keineswegs
einverstanden; er ermuthigte den nächsten Nachfolger von Karl Theodor,
den Herzog von Zweibrücken, gegen diesen Vergleich zu protestiren, und
ergriff in Verbindung mit Sachsen die Waffen gegen Oestreich. Doch
kam es dießmals nicht zu bedeutenden Feindseligkeiten. Frankreich und
Rußland vermittelten die Sache, und so kam den 13. Mai 1779 der
Friede zu Tesche n zu Stande. Oestreich erhielt nach demselben den
Theil Niederbaierns zwischen dem Inn, der Salza und Donau, bezahlte
dagegen an Sachsen für dessen Ansprüche auf die Allodialverlassenschaft
6 Millionen Thaler. Später suchte der Kaiser Joseph den Kurfürsten
zu einem Austausch Baierns gegen den größten Theil der östreichischen
Niederlande zu bewegen. Auch dieser Tausch schien Friedrich Ii. für die
deutsche Neichsverfassung in mehrfacher Hinsicht gefährlich; er verhinderte
ihn daher ebenfalls und schloß zur Erhaltung derselben mit Kursachsen
und Hannover im Jahre 1785 den deutschen Fürstenbund, welchem bald
noch mehrere norddeutsche Fürsten beitraten. Das war das Letzte, was
dieser große König in Deutschland Bedeutendes wirkte; den 17. August
1786 starb er 74 Jahre alt.
Seine große Gegnerin, Maria Theresia, war schon 1780 aus dem
Leben geschieden. Da fing der Kaiser Joseph Ii. rasch an, die Ver-
hältnisse in seinen Staaten umzugestalten. Er wollte Bildung und Aus
klärung verbreiten und sein Volk von alten Lasten möglichst befreien.