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1. Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte - S. 300

1852 - Altona : Hammerich
300 Als indeß Luther hörte, daß man allerlei Neuerungen in Witten- berg unter seinem Namen anfange, die Heiligenbilder gewaltsam aus den Kirchen werfe, Altare und Beichtstühle zerstöre, erschien er im März 1522 1522 unversehens in Wittenberg und brachte durch kraftvolle Predigten alles zur alten Ordnung zurück. — Die über Luther ausgesprochene Acht war indeß vergessen; in Sachsen und Hessen wurde nach Luthers Beispiel der Gottesdienst deutsch eingerichtet, die Messe abgeschafft und 1523 Klöster aufgehoben. 1523 erschien auch die Bibel vollständig ins Deutsche übersetzt von Luther und wurde begierig gekauft und gelesen. Da indeß der Kaiser Karl und sein Bruder Ferdinand der neuen Lehre abge- neigt schienen und sogar dahin arbeiteten, daß die Wormser Achtserklä- 1526 rung gegen Luther beobachtet werden sollte; verbanden sich 1526 die Lutherisch gesinnten Fürsten Deutschlands mit einander zu Torgau, sich bei jedem Angriffe in Sachen der Religion treuen Beistand zu leisten. 1524 1524 hatte bereits Luther seine Augustinerkutte abgelegt und trug von jetzt an einen ordentlichen Rock. Gewöhnlich schenkte ihm der Kurfürst das Tuch dazu, und zwar schwarzes, welches damals die Hof- farbe war; und da seine Schüler ihm gern in den kleinsten äußerlichen Eigenheiten nachahmten, ward diese Farbe so allgemein eingeführt, daß sie bis auf unsere Zeiten die feierliche Farbe der Geistlichkeit geblieben ist. — Doch etwas noch weit Auffallenderes that er im nächsten Jahre 1525 1 525: Er heirathete, trotz aller Bullen des Papstes. Seine Frau hieß: Katharina von Bora, eine gewesene Nonne, die aus seine Veranstal- tung durch Torgauische Bürger 1523 aus dem Kloster Nimtschen bei 1527 Grimma mit acht andern Nonnen befreit worden war. — 1527 machte Luther mit seinem Freunde Melanchthon *) eine Reise nach Sachsen, die Kirchen und Schulen zu untersuchen. Hier fanden sie die Lehrer eben so unwissend, als das Volk: der ganze Gottesdienst bestand in dem Herplappern unverstandener Gebetsformeln. Es ist unverantwort- lich, schreibt Melanchthon, daß man die armen Leute bisher in so großer Unwissenheit und Dummheit gelassen hat! Mein Herz blutet, wenn ich diesen Jammer erblicke. Ich gehe oft bei Seite und weine meinen *) Melanchthon, eigentlich Schwarzerd, war in Wittenberg Lehrer der griechischen und lateinischen Sprache, ein sehr gelehrter und dabei äußerst sanfter und bescheidener Mann. Luther gestand es selbst, daß Melanchthon gelehrter sei als er, und bediente sich oft des Rathes seines einsichtsvolleren Freundes. Als Luther nach Worms reiste, verließ er ihn mit den Worten: Komme ich nicht wieder, und morden mich meine Feinde, so beschwöre ich dich, lieber Bruder, laß nicht ab zu lehren und bei der Wahrheit zu verhar- ren. Arbeite unterdessen zugleich für mich, weil ich nicht hier sein kann. Du kannst es noch besser machen. Darum ist es auch nicht viel Schade um mich; bleibst du doch noch da. An dir hat der Herr noch einen gelehrteren Strei- ter. — Doch hätte Melanchthon für sich allein das große Werk der Refor- mation nicht zu Stande gebracht; denn er war äußerst mild und ängstlich.— Ach, schreibt er einmal, wenn man mich doch nicht aus meinem Hörsaale ab- riefe und mich nur zum Besten der Jugend ungestört arbeiten ließe' Das ist meine Ruhe und Freude. Für andere Dinge bin ich zu weich und unge- schickt.
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