1852 -
Altona
: Hammerich
- Autor: Bredow, Gottfried Gabriel
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule, Selbstunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Anblick empört, unterstanden sich, den Grafen Tilly zu erinnern, daß er
dem Morden möchte Einhalt thun lassen. „Kommt in einer Stunde
wieder, war seine Antwort. Ich will dann sehen, was ich thun werde.
Der Soldat muß für seine Gefahr und Arbeit etwas haben." In we-
niger als zwölf Stunden lag eine der schönsten Städte Deutschlands
in Asche ; nur zwei Kirchen und etwa 130 Häuser an der Elbe, größten-
theils Fischerhütten, blieben stehen. Der Todten waren so viel, daß
man sie nicht begraben konnte; 6000 Leichen mußten in die Elbe ge-
worfen werden, um die Gassen zu räumen; eine größere Menge von
Lebenden und Leichen hatte das Feuer verzehrt; die ganze Anzahl der
Getödteten wird auf 30,000 angegeben. Erst den vierten Tag wurde
der Plünderung Einhalt gethan; und 1000 Menschen, die sich in die
Domkirche geflüchtet hatten, wurden hervorgezogen, nachdem sie hier drei
Tage und zwei Nachte in beständiger Todesfurcht und ohne Nahrung
zugebracht hatten. Tilly schenkte ihnen das Leben und ließ Brod unter
sie austheilen; doch ohne daß ihn seine unmenschliche That für jetzt
gereuete, ritt er stolz durch die dampfenden, blutbespritzten Trümmer
und konnte noch scherzend diese Gräuel die Magdeburger Hochzeit nen-
nen. Diese Trunkenheit seines Siegesglücks währte aber nicht lange;
es verließ ihn seit dieser That oft die ruhige Besonnenheit, durch die
er in 36 Schlachten gesiegt hatte; und die Verwünschungen, mit denen
sein Name überhäuft wurde, regten endlich auch dies verhärtete Gewissen
auf, daß er für so viel unschuldig vergossenes Blut die Strafe des ver-
geltenden Schicksals fürchtete.
Gustav Adolf ergriff tiefer Schmerz bei der Nachricht dieses Un-
glücks; er klagte laut die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen
als Mitzerstörer von Magdeburg an und schwur dem grausamen Tilly
Rache. — Wiewohl nun der Kurfürst von Sachsen den Schweden den
Uebergang über die Elbe bei Wittenberg verweigert hatte, trauete ihm
doch auch der Kaiser nicht, da er sich dem Restitutionsedicte widersetzte
und Truppen warb. Lilly schickte also Gesandte an ihn, die ihm kai-
serliche Einquartirung ankündigen sollten. Der Kurfürst verbat sich
diese und sagte beim Abschiede zu den Gesandten: „Meine Herren, ich
sehe wohl, daß man gesonnen ist, das lange gesparte Sächsische
Konfekt endlich auch auf die Tafel zu setzen. Aber man pflegt dabei
allerlei Nüsse und Schauessen aufzutragen, die hart zu beißen sind, und
sehen Sie sich wohl vor, daß Sie sich nicht die Zähne daran ausbei-
ßen." Auf diese Antwort rückte Tilly gegen, Sachsen an *). Da bat
*) Er zog zuerst gegen Leipzig und nahm auch diese Stadt nach einer
kurzen Belagerung ein. Alles zitierte vor dem unmenschlichen Wütherich, doch
ein Zufall rettete die Stadt. Um sich besser vertheidigen zu können, hatten
die Leipziger eine Vorstadt abgebrannt und nur das einzige Haus eines Tod-
tengräbers war bei dem Brande stehen geblieben. In diesem wurden die Be-
dingungen der Uebergabe verhandelt. Wie Tilly hier eintrat und die gemal-
ten Schädel und Todtengebeine erblickte, mit welchen der Besitzer sein Haus
geschmückt hatte, ward er blaß, und Grauen vor dem Tode durchbebte die
blutbefleckte Seele des Helden. Leipzig erfuhr eine über alle Erwartung gnä-
dige Behandlung. *