1852 -
Altona
: Hammerich
- Autor: Bredow, Gottfried Gabriel
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule, Selbstunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Erteilte darauf der Gesandtschaft voraus nach Amsterdam. Auch
hier bot man ihm ein prächtiges Haus an; doch er, um unerkannt zu
bleiben, bezog ein kleines Häuschen an den Schiffswerften (Plätze, wo
Schiffe gebaut werden), kleidete sich wie ein holländischer Schiffszim-
mermann in eine kurze Jacke von rothem Fries und in weite Bein-
kleider von weißen Leinen, ging selbst auf den Markt und kaufte fick
seine Lebensmittel und kochte sie auf seinem kleinen Heerde. Man zeigt
dies Haus noch jetzt den Fremden unter dem Namen Vorftenborg
(Fürstenburg). Darauf sing er an, alle Theile, die zu einem Schiffe
gehören, wie ein Lehrbursche, selbst zimmern zu lernen; und eben der
Mann, der jetzt in seinem Häuschen Befehle an sein gegen die Türken
fechtendes Heer schrieb, kam im nächsten Augenblick mit dem Beile in
der Hand heraus aus die Werste und spaltete Bretter, zimmerte Mast-
bäume, nagelte Bolen an einander, knüpfte Seile und Segel. Dann
besuchte er besonders die Werkstätten der Schmiede und Seiler und
suchte die Einrichtung der holländischen Mühlen kennen zu lernen. Zu-
letzt ließ er unter seiner Aufsicht ein Kriegsschiff von 60 Kanonen
bauen, das er nach Archangel sandte. Er lebte dabei mit den Schiff-
bauern und Matrosen sehr vertraut, und wenn diese nachher nach
Archangel kamen, bewirthete er sie auf holländische Weise mit Pfann-
kuchen. — Auch die holländischen Juden wünschten sich seine herablas-
sende Milde zu Nutze zu machen und baten den Zar um Erlaubniß,
in Rußland Handlung treiben zu dürfen; sie wollten für diese Erlaub-
niß sogleich 100,000 Gulden bezahlen. Peter antwortete: Ich muß
den Juden ihr Gesuch abschlagen aus Mitleiden. Die Juden haben
zwar den Namen, daß sie die ganze Welt im Handel und Wandel be-
trügen, aber ich kenne meine Russen; ich muß fürchten, daß sie bei
ihnen doch zu kurz kommen. — Bei einer seiner Wasserfahrten überfiel
ihn ein Sturm, und Alle, die um ihn waren, befürchteten den Unter-
gang. Peter blieb unerschrocken: Habt Ihr je gehört, rief er, daß ein
russischer Zar in Holland auf der See ertrunken ist? — Von Holland
ging er nach England, wo er alle ausgezeichnete Künstler besuchte und
von ihren Kunstwerken nicht blos nach Rußland schickte, sondern auch
Künstler selbst gewann, ihm nach Rußland zu folgen. Er hatte in kurzer
Zeit Seeoffiziere, Wundärzte, Kanoniere, Uhrmacher, Schmiede und
andere Künstler und Handwerker über 500 um sich versammelt. Er
selbst übte sich in mehren dieser Künste und setzte diese Uebungen fort,
auch als er wieder nach Rußland zurückgekommen war. So hat er
eigenhändig Eisenstangen geschmiedet, die man noch jetzt in Rußland
zum Andenken aufbewahrt. Seine Hofjunker mußten dabei Kohlen
auftragen, das Feuer anschüren und die Blasbälge ziehen. Einst hatte
er aus einem Eisenwerke, 00 Werste von Moskau (7 Werste machen
eine deutsche Meile, 90 Werste sind also 13 Meilen), 18 Pud (Pud ist
bewirthet, und nach der Mahlzeit wurden ihm alle Schönheiten des Schlosses
gezeigt. Der Graf fragte ihn darauf, wie ihm das Gebäude gesiele. Der
Zar antwortete: die Lage ist sehr angenehm und der Bau groß und schön;
doch ist ein Fehler begangen. — Und der ist? fragte der Graf. — Die
Küche scheint mir zu groß angelegt zu sein.