1869 -
Heidelberg
: Weiß
- Autor: Riegel, Ed.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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In dieser Zeit machten die Slaven und Normannen
häufig Ranbzüge nach Deutschland. Ludwig dem Deutschen mar-
es noch gelungen, das Reich gegen diese räuberischen Horden zu
schützen. Aber sein träger Sohn Karl der Dicke kaufte den Nor-
mannen zweimal den Frieden mit schwerem Gelde ab. Dies zog
ihm die allgemeinste Verachtung zu; er wurde der Königswürde
für unfähig erklärt und aus einem Reichstag zu Tribur abgesetzt.
S>ein Brnderssohn Arnulph folgte ihm. Dieser, ein tapferer und
würdiger König, besiegte die gefürchteten Normannen. Nach
seinem frühen Tode kam sein sechsjähriger Sohn, Ludwig das
Kind, auf den Thron. Unter seiner Negierung erlebte Deutsch-
land wohl die unglücklichsten Jahre. Die Magyaren oder
Ungarn^machten fast jedes Jahr Einfälle in das deutsche
Gebiet. Sie waren ein wildes Reitervolk, sielen plötzlich mit
heftigem Ungestüm in eine wehrlose Gegend ein, verwüsteten
Alles mit Feuer und Schwert und trieben Tausende der unglück-
lichen Einwohner als Sclaven mit sich fort. Ihre Hauptmasse
war Bogen und Pfeil, gegen welche die Deutschen mit ihren
schweren Schlachtschwertern und Streitkolben nichts auszurichten
vermochten.- Dazu kam noch die Uneinigkeit unter den Großen
des Reiches, so daß der Spruch Salomon's: „Wehe dem Lande,
dessen König ein Kind ist!" an unserem Vaterlande in Erfüllung
ging. Zum Glück für Deutschland starb Ludwig das Kind schon
911, und Deutschland wurde jetzt ein Wahlreich.
Es traten nämlich nach dem Ableben eines Königs die Großen des
Reiches zusammen und ernannten durch Wahl einen Nachfolger. Doch wurde
bei dieser Königswahl die Sitte eingehalten, den Sohn oder einen Verwandten
des verstorbenen Königs zu wählen, so lange ein tauglicher Thronfolger in
dem Hause selbst zu finden war. Auch trafen die Könige zu ihren Lebzeiten
Vorsorge, damit wieder ein Nachkomme aus ihrer Familie gewählt werde.
Durch diese Einrichtung erhoben zwar die Deutschen viele tüchtige Männer
aus den Thron, aber es wurde auch viel Streit imb endlich Zersplitterung
des gemeinsamen Vaterlandes herbeigeführt. Denn die Großen des Reiches,
die Herzoge, die Pfalz- und Markgrafen suchten die königliche Macht einzu-
schränken, um als unabhängige Fürsten ihre Länder regieren zu können. —
Die wichtigsten Kaiserhäuser, welche nach den Karolingern auf den deutschen
Thron erhoben wurden, sind: das sächsische, das fränkische und das hohen-
staufische; darauf folgten Kaiser ans verschiedenen Häusern, dann das lurem-
burgische und zuletzt das habsburgische Haus.
25. Heinrich der Finkler und Otto der Große.
(Das sächsische Kaiserhaus von 919—1024.)
Der erste König, der durch Wahl aus den deutschen Thron
erhoben wurde, war der fränkische Graf Konrad I. oder der