1869 -
Heidelberg
: Weiß
- Autor: Riegel, Ed.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Franke. Er regierte nur wenige Jahre. Kurz vor seinem Tode
beschied er seinen Bruder Eberhard zu^sich und sprach zu ihm:
„Lieber Bruder! Ich fühle, daß mein Stündlein gekommen ist.
Laß dir deine eigne und der Franken Wohlfahrt bestens em-
pfohlen sein. Wohl sind wir mächtig, haben feste Städte und
Waffenvorräthe, und Alles, was königlichem Glanze wohl ansteht.
Doch die größere Macht und Weisheit ist bei Heinrich von
Sachsen, auf ihm beruht die Wohlfahrt des Reiches. Darum
vernimm meinen Rath. Stimm diese Kleinodien: die heilige
Lanze, die goldnen Armbänder, den Pnrpurmantel, das Schwert
und die Krone der alten Könige; übergieb sie dem Herzoge und
mache ihn dir zum Freund. Melde ihm, ich hätte ihn sterbend
allen Fürsten znm Könige empfohlen."
Und wie Konrad gewünscht, so that der uneigennützige
Eberhard. Die Sage meldet, er habe beu Herzog beim Ueber-
bringen der Reichsinsignieu am Vogelheerde angetroffen, daher
der Beiname Vogelsteller oder Finkler.
Heinrich war ein frommer, einsichtsvoller und tapferer Fürst.
Seine Hauptsorge war die Rettung des Vaterlandes gegen die
fortgesetzteil Raubzüge der Ungarn. Er schloß vorerst einen neun-
jährigen Waffenstillstand mit ihnen und zahlte während dieser
Zeit alljährlich einen Tribut. Diese Waffenruhe benützte Heinrich
dazu, tüchtige Bollwerke zu rüsten und kriegsgeübte Streiter
heranzubilden. Die festen Plätze und die Burgen, welche ange-
legt wurden, sollten dazu dienen, dem schutzlosen Landvolk eine
Zufluchtsstätte gegen plötzliche Raubeinsälle zu verschaffen. Aber
die Deutschen hatten immer noch eine große Abneigung gegen
das Sehen hinter den Mauern der Städte. Es mußte deshalb
durch das Loos entschieden werden, welcher von je neun Kriegs-
pflichtigen in die Stadt ziehen sollte. Das Landvolk hatte den
dritten Theil der Früchte dahin abzuliefern. Aus diesen festen
Plätzen entstaub im Laufe der Zeit eine Reihe von Städten,
deren Einwohne^ „Bürger" genannt wurden. Daher heißt Hein-
rich auch der „Städte grün der".
Um gegen die Reiterschaaren der Ungarn mit Erfolg in's
Feld ziehen zu können, bildete Heinrich eine eigene Reiterei. Um
dieser ihren schweren Dienst angenehmer zu machen, gab er ihnen
eine bevorzugte Stellung und veranstaltete für sie besondere Fest-
lichkeiten. Daraus entwickelte sich später der Ritterstand mit
seinen berühmten Ritterspielen oder Turnieren.