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1. Die vorchristliche Zeit - S. 67

1852 - Leipzig : Brandstetter
67 dieser, ihn lebendig zu verbrennen. Sogleich wurde ein Scheiterhaufen errichtet und Krösus gefesselt darauf gestellt. Schon schlugen hier und dort die lichten Flammen gen Himmel auf, als der Unglückliche, eingedenk der Worte des grie- chischen Weisen, aus seiner dumpfen Betäubung erwachte und plötzlich durch die tiefe Stille des versammelten Volkes laut aufschrie: „O Solon, Solon, Solon!" Das hörte Cyrus und ward neugierig zu wissen, wen doch Krösus an- rufe. Er ließ ihn deshalb wieder vom Scheiterhaufen herunter nehmen und durch Dolmetscher erfragen, was der Name „Solon" zu bedeuten habe. Krösus schwieg eine Weile still, dann aber sagte er: „Dieser Name nennt einen Mann, dessen Unterredung ich allen Fürsten wünsche, da sie mehr werth ist, als alle Schätze der Welt!" Dann erzählte er das mit Solon geführte Gespräch. Cyrus wurde tief gerührt. Er bedachte, daß auch er ein Mensch und daß unter den menschlichen Dingen nichts beständig sei. So schenkte er dem Krösus das Leben und behielt ihn fortan als Freund und Rathgeber bei sich. Krösus war durch sein Unglück weiser geworden; denn als die Perser die lydische Hauptstadt ausplünderten, sprach er zum Eyrus: „König, soll ich dir jetzt meine Gedanken sagen, oder in diesem Augenblicke schweigen?" Cyrus aber hieß ihn getrost sagen, was er wollte. Und er fragte ihn: „Was hat denn jener Haufe von Kriegsleuten da so eifrig zu schaffen?" Jener antwortete: „Deine Stadt plündern sie aus und deine Schätze führen sie fort." Da erwiederte Krösus: „Nicht meine Stadt noch meine Schätze plündern sie, sondern sie berauben dich!" Cyrus wurde nachdenklich und drang in den unglücklichen König, ihm nur weiter seine Gedanken zu offenbaren. Da sprach Krösus: „Siehe, die Perser sind durch Reichthum noch nicht verdorben, aber trotzig von Natur. Haben sie erst die Schätze in ihrem Besitz und du willst sie ihnen dann nehmen, so werden sie widerspenstig werden. Darum lege an alle Thore Wachen, welche den Plündernden die Schätze abnehmen, mit dem Bedeuten, daß der zehnte Theil dem Zeus geopfert werden müsse. Jetzt wirst du sie willig finden, aber später nicht." Diese Worte gefielen dem Cyrus gar wohl und er befolgte den Rath seines Freundes. Dann sprach er zu ihm: „Bitte dir eine Gnade aus und sie soll dir werden!" Krösus antwortete: „Möchtest du, o Herr, dem obersten Gott der Griechen meine Fesseln übersenden und ihn fragen lassen, ob Betrug an Wohlthätern Brauch bei ihm sei?" — Die Boten wurden abgesandt, aber die delphischen Priester ließen dem Krösus sagen, sie hätten ihn nicht betro- gen. Ein großes Reich sei ja zerstört; sie hätten aber nicht gesagt, daß das per- sische Reich zerstört werden sollte. 6. Fortan begleitete Krösus den Cyrus auf seinen Heereszügen. Nachdem schon fast alle Völker Asiens unterworfen waren, sollten nun auch die Griechen, welche an der westlichen Küste wohnten, sich unter die Herrschaft der Perser beugen. Cyrus hatte ihnen früher seine Freundschaft angeboten, sie aber hatten diese übermüthig zurückgewiesen und sich sogar mit dem Krösus verbinden wollen. Cyrus gab ihnen nun folgende Fabel zur Antwort: „Es war einmal ein Fischer, der saß lange am Ufer und pfiff den Fischen zum Tanze. Sie 5*
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