1852 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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dieser, ihn lebendig zu verbrennen. Sogleich wurde ein Scheiterhaufen errichtet
und Krösus gefesselt darauf gestellt. Schon schlugen hier und dort die lichten
Flammen gen Himmel auf, als der Unglückliche, eingedenk der Worte des grie-
chischen Weisen, aus seiner dumpfen Betäubung erwachte und plötzlich durch
die tiefe Stille des versammelten Volkes laut aufschrie: „O Solon, Solon,
Solon!"
Das hörte Cyrus und ward neugierig zu wissen, wen doch Krösus an-
rufe. Er ließ ihn deshalb wieder vom Scheiterhaufen herunter nehmen und
durch Dolmetscher erfragen, was der Name „Solon" zu bedeuten habe.
Krösus schwieg eine Weile still, dann aber sagte er: „Dieser Name nennt
einen Mann, dessen Unterredung ich allen Fürsten wünsche, da sie mehr
werth ist, als alle Schätze der Welt!" Dann erzählte er das mit Solon
geführte Gespräch.
Cyrus wurde tief gerührt. Er bedachte, daß auch er ein Mensch und daß
unter den menschlichen Dingen nichts beständig sei. So schenkte er dem Krösus
das Leben und behielt ihn fortan als Freund und Rathgeber bei sich. Krösus
war durch sein Unglück weiser geworden; denn als die Perser die lydische
Hauptstadt ausplünderten, sprach er zum Eyrus: „König, soll ich dir jetzt meine
Gedanken sagen, oder in diesem Augenblicke schweigen?" Cyrus aber hieß ihn
getrost sagen, was er wollte. Und er fragte ihn: „Was hat denn jener Haufe
von Kriegsleuten da so eifrig zu schaffen?" Jener antwortete: „Deine
Stadt plündern sie aus und deine Schätze führen sie fort." Da erwiederte
Krösus: „Nicht meine Stadt noch meine Schätze plündern sie, sondern sie
berauben dich!"
Cyrus wurde nachdenklich und drang in den unglücklichen König, ihm
nur weiter seine Gedanken zu offenbaren. Da sprach Krösus: „Siehe, die
Perser sind durch Reichthum noch nicht verdorben, aber trotzig von Natur.
Haben sie erst die Schätze in ihrem Besitz und du willst sie ihnen dann nehmen,
so werden sie widerspenstig werden. Darum lege an alle Thore Wachen, welche
den Plündernden die Schätze abnehmen, mit dem Bedeuten, daß der zehnte
Theil dem Zeus geopfert werden müsse. Jetzt wirst du sie willig finden, aber
später nicht."
Diese Worte gefielen dem Cyrus gar wohl und er befolgte den Rath
seines Freundes. Dann sprach er zu ihm: „Bitte dir eine Gnade aus und sie
soll dir werden!" Krösus antwortete: „Möchtest du, o Herr, dem obersten
Gott der Griechen meine Fesseln übersenden und ihn fragen lassen, ob Betrug
an Wohlthätern Brauch bei ihm sei?" — Die Boten wurden abgesandt, aber
die delphischen Priester ließen dem Krösus sagen, sie hätten ihn nicht betro-
gen. Ein großes Reich sei ja zerstört; sie hätten aber nicht gesagt, daß das per-
sische Reich zerstört werden sollte.
6.
Fortan begleitete Krösus den Cyrus auf seinen Heereszügen. Nachdem
schon fast alle Völker Asiens unterworfen waren, sollten nun auch die Griechen,
welche an der westlichen Küste wohnten, sich unter die Herrschaft der Perser
beugen. Cyrus hatte ihnen früher seine Freundschaft angeboten, sie aber hatten
diese übermüthig zurückgewiesen und sich sogar mit dem Krösus verbinden
wollen. Cyrus gab ihnen nun folgende Fabel zur Antwort: „Es war einmal
ein Fischer, der saß lange am Ufer und pfiff den Fischen zum Tanze. Sie
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