1852 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Ii. Aristodemus und Aristomenes.
743 v. Ehr. 686 v. Ehr.
Aristodemus *).
i.
Westlich von Lakonien lag die fruchtbare Landschaft Messenien, nach
deren Besitz die Spartaner um so mehr strebten, da ihr eigenes Land jener
gesegneten Gegend an Fruchtbarkeit weit nachstand. Unter solchen Umstanden
konnte es an Feindseligkeiten zwischen beiden Nachbarvölkern nicht fehlen, bis
endlich nach zwei blutigen Kriegen Messenien den Lacedämoniern unterworfen
ward. Die Veranlassung zum Ausbruch des Krieges wird folgendermaßen
erzählt:
Polhchares, ein vornehmer Messenier, besaß viele Rinder, aber nicht so
viel eigenes Land, daß sein Vieh hinlängliche Weide gehabt hatte. Er übergab
es daher einem Spartaner, Namens Euäphnos unter der Bedingung, daß er
es auf seinen Grundstücken weiden und dafür einen Theil der Nutzung von
dem Viehe haben sollte. Dieser Euäphnos war ein Mensch, der ungerechten
Gewinn höher achtete als Treue und Ehrlichkeit und dabei durch seine Worte
sich einzuschmeicheln wußte. So hatte er auch jetzt die Rinder des Polhchares
an Kaufleute, die in Lakonien gelandet waren, verkauft und ging nun selbst
als Bote zu Polhchares. Diesem sagte er, Seeräuber waren an's Land ge-
stiegen, hatten Gewalt gegen ihn gebraucht und als Beute Rinder und Hirten
mit sortgenommen. Allein wahrend Euäphnos den Polhchares zu täuschen
suchte, entlief den Kaufleuten einer von diesen Hirten, kehrte zu seinem Herrn
zurück und traf hier den Euäphnos, den er in Gegenwart des Polhchares
Lügen strafte. Ueberführt und nicht im Stande es abzuleugnen, bat er in-
ständig den Polhchares und dessen Sohn um Verzeihung. Dann gab er an,
wie viel er für die Rinder bekommen hätte und bat den Sohn des Polhchares,
ihm zu folgen und den Preis in Empfang zu nehmen. Auf dem Wege aber
erschlug Euäphnos den. Sohn des Polhchares. Als dieser die Thal erfuhr,
ging er häufig nach Sparta zu den Königen und Obrigkeiten, um Genug-
thuung zu erhalten und als er sie nicht erhielt, gericth er außer sich und hin-
gerissen vom Zorne, ermordete er, weil er sein eigenes Leben nicht achtete,
jeden Laeedämonier, der ihm in die Hände siel. Die Lacedämonier verlangten
nun d e Auslieferung des Polhchares und da sie verweigert wurde, begannen
sie der Krieg.
Zn aller Stille betrieben sie ihre Rüstungen und ohne Kriegserklärung
brachm sie in Messenien ein, nachdem sie sich zuvor durch einen feierlichen Eid
verpflichtet hatten, nicht eher die Waffen niederzulegen, als bis sie das Messe-
nisch« Land erobert hätten. Zur Nachtzeit überfielen sie die Grenzstadt Amphea,
wo fle, da die Stadt ohne Wachen war, sogleich eindrangen und die Bewohner
theils auf ihrem nächtlichen Lager, theils an den Altären der Götter, wohin
sie ihre Zuflucht genommen hatten, tödteten. Der König der Messenier er-
malnte jedoch in einer Volksversammlung die Bürger, sich durch das Schick-
*) Nach Ludw. Stacke (Erzählungen aus der griech, Geschichte).