Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Das Mittelalter - S. 225

1852 - Leipzig : Brandstetter
225 Von dieser Zuversicht getrieben, verließ sie ihre Eltern, denen sie bis dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Vaucouleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite mehrerer Ritter, an den franzö- sischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottesfurcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte es eine Zeit lang, bis sie bei dem König vorgelassen wurde. Karl vil. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für ein teuflisches Blendwerk halten sollte. Endlich ließ er sie vor sich kom- men und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hofleute gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm noch ein Geheimniß, das Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen als einer göttlichen Prophetin die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fier- bois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Weltkugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu -dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Streitroß. Mit dem Gefolge und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois gesendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sendung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den Soldaten aus Religionsübungen und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen sollten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle liederlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen, im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen. Am 29. April 1429 langte sie vor Orleans an und während die franzö- sische Besatzung nach einer andern Seite hin einen Ausfall that, brachte sie auf der entgegengesetzten die Lebensmittel glücklich in die Stadt. In Orleans ward sie als eine himmlische Retterin empfangen. Am 4. Mai, als eine zweite Zufuhr vor Orleans erschien, rückte sie mit dem Grafen von Dünois aus und ungestört ging der Zug mitten zwischen zwei Schanzen der Engländer Hin- Grube, Geschichtsbilder. H. 15
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer